Lokalrunde
Alm für alle
Gehoben, nicht abgehoben – so präsentiert sich die Küche der Saurüsselalm in Bad Wiessee. Wer den 45-minütigen Fußmarsch auf sich nimmt, wird inmitten der Tegernseer Bergwelt mit feiner Kulinarik verwöhnt.
Auch wenn ich über 40 Jahre gastronomische Erfahrung habe – es ist schon eine besondere Herausforderung, eine Alm bewirtschaften zu dürfen“, schwärmt Martin Frühauf über das jüngste Projekt seines Gastro-Imperiums. Dabei hat der leidenschaftliche Gastgeber schon alles gesehen. Er war Wiesenwirt im legendären Hippodrom, bekochte den deutschen Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl und hatte zwischen Business- und Fine-Dining-Restaurants schon sämtliche Lokalarten im Portfolio. Seit 2021 bewirtet er gemeinsam mit seiner Frau nun zusätzlich die Saurüsselalm. Sie liegt auf 927 Metern Seehöhe oberhalb von Bad Wiessee, einer Gemeinde am Westufer des noblen Tegernsees: „Meine Frau und ich haben den Anspruch, hier so viele Gästeschichten wie möglich kulinarisch anzusprechen. Da muss man schon kreativ werden, wenn man hier oben alle damit verbundenen Aufgaben bewältigen möchte“, meint er.
Das liegt zum Großteil natürlich an der exponierten Lage, die perfekte Warenlogistik und genaue Planung voraussetzt. Denn die Alm der Frühaufs ist in kulinarischer Hinsicht Lichtjahre vom üblichen Hüttenangebot zwischen Brettljause und Kaspressknödeln entfernt. Das schuldet das Betreiberpaar seinem Anspruch ans Gastgebersein: „In allem, was wir tun, denken wir immer an die Menschen, die bei uns eine richtig gute Zeit haben sollen“, betonen Martin und Tanja Frühauf unisono.
Dass das keine leere Worthülse ist, zeigt ihr Erfolg. Mittlerweile drängen sich rund ein Dutzend Betriebe unter dem Dach der 2005 gegründeten Firmengruppe Frühauf Genuss. Darunter mehrere anspruchsvolle Business-Restaurants in München, Hamburg und Liechtenstein.
Inspiration Südtirol
Auch auf der Saurüsselalm können Gäste sehen, fühlen und schmecken, dass die Frühaufs ihr Credo wirklich leben: Das Team verpflegt auf der urigen Almhütte neben hungrigen Wanderern und durstigen Radfahrern nämlich auch ausgewiesene Genussmenschen. Dazu kommen kleine, private Feiern tagsüber, für die die Küche meist zusätzlich spezielle Gerichte anbietet. Inspirieren lässt sich der Patron dabei unter anderem von der Almgastronomie in Österreich und Südtirol: „Ich wollte etwas Außergewöhnliches schaffen. Etwas, das man in der Region rund um den Tegernsee so nicht kennt. Ganz entsprechend unserer Philosophie: Gehoben, aber nicht abgehoben.“ Die anspruchsvolle Qualitätsküche bringt es auch mit sich, dass die Lebensmittellogistik, die in der Hüttenbewirtschaftung ohnehin schon kompliziert ist, bei der Saurüsselalm in Sachen Kühlung und Timing nochmals komplexer ist. Frühauf lässt von seinem Team schließlich auch Burrata, Trüffel, Shrimps und Avocados sowie hochwertige Getränke über die streckenweise steile Straße zur Hütte karren. „Die Anlieferung müssen wir selbst bewerkstelligen, da fahren die LKW nicht gerne hoch“, lacht Frühauf. Die Kühlkette einzuhalten und dabei den Wettertücken ausgesetzt zu sein, erschwert die Arbeit zusätzlich: „Im Winter kommt es schon mal vor, dass der Traktor ausrücken muss, weil ein Mitarbeiter mit unserem Transporter im Schnee feststeckt. Wir haben – im wahrsten Sinne des Wortes – schon eisige Zeiten hinter uns“, schmunzelt der Almwirt. Doch für die einzigartige Lage stellt sich Frühauf selbst diesen Herausforderungen. „Wir haben uns vor ca. 18 Jahren bei einer Wanderung in die Landschaft dieses Bergplateaus verliebt und oft davon geträumt, hier gastronomisch tätig zu werden. Mit der Übernahme der Saurüsselalm ist daher ein großer Wunsch in Erfüllung gegangen. Die Stimmung hier oben ist einfach einzigartig“, betonen beide.
Die Hütte konnten sie pachten, nachdem sie vom Besitzer liebevoll umgebaut wurde. Wo heute Gäste speisen, waren einst Almmitarbeiter oder Tiere untergebracht. Daran erinnert noch der sogenannte „Stall“, in dem nun über 100 Gäste Platz finden. Zusätzlich wurde ein Stüberl mit 26 Sitzplätzen eingerichtet sowie eine große Sonnenterrassen für ca. 150 Personen geschaffen.
„ICH WOLLTE ETWAS SCHAFFEN, DAS MAN HIER SO NOCH NICHT KENNT." (Martin Frühauf, Gastronom, Saurüsselalm, Bad Wiessee)
Perfekte Symbiose
Das Hotel mit seinen acht Seminarräumen von 36 bis 360 m² und einer Kapazität für Veranstaltungen bis 400 Gäste ist seit 2008 Mitglied der österreichischen Dachmarke Symposion Hotels. Durch die Zusammenarbeit mit Teambuilding- und Outdoor-Adventure-Agenturen kann das Sporthotel Wagrain auch mit einem großen Rahmenprogramm punkten. Vom Hotel selbst werden Weinverkostung in der hauseigenen Vinothek, Outdoor-Grillabende oder Almhüttenfeeling in der nur wenige Meter entfernten Rauchkuchl angeboten, einer urigen Hütte. „Wir bieten die perfekte Symbiose aus moderner Infrastruktur eines Seminarhotels und herzlicher Atmosphäre eines Familienbetriebs“, so Max Berger.
Vier Mal in Folge wurde der Wagrainer Betrieb deshalb bereits von über 900 Trainern zum besten unter allen Symposion Hotels gewählt. Dabei erhielten jedes Mal auch die Hotelmitarbeiter Bestnoten. „Natürlich spielt bei einer Veranstaltung die Hardware eine wichtige Rolle, dennoch ist es unser Team, das letztlich den größten Beitrag zum Seminarerfolg leistet – das zeigt sich auch in unseren Kundenfeedbacks, in denen Mitarbeiter sehr oft namentlich erwähnt werden“, erklärt dazu Felix Berger. Wichtig ist ihm daher, nicht nur ins äußere Erscheinungsbild des Hotels zu investieren, sondern auch in die Mitarbeiter: „Geht es meinen Mitarbeitern gut, spüren das auch unsere Gäste und fühlen sich wohl.“
Lokal und handgemacht
An starken Tagen werden also mehrere hundert Teller geschickt. Frische und lokale Lebensmittel zahlen dabei besonders in die kulinarische Kernidentität der Saurüsselalm ein: Frischer und geräucherter Fisch kommen etwa direkt von der Tegernseer Fischerei, Hirsch stammt aus eigener Jagd und das Bier braut das Herzoglich Bayrische Brauhaus Tegernsee: „Die Gegend hier ist reich an hochwertigen Lebensmitteln. Das nutzen wir ganz bewusst“, freut sich darüber Tanja Frühauf. Ob Brezenknödel, Spinatkaspressknödel oder der beliebte Kaiserschmarrn mit Aprikosenröster – das Motto lautet deshalb fast immer „selbstgemacht“. „An Spitzentagen bis zu 350 Gerichte, die zu 80 % conveniencefrei erzeugt werden, aus unserer relativ kleinen Küche zu schupfen, ist schon eine gastronomische Höchstleistung“, meint dazu Martin Frühauf stolz und ergänzt: „Bei den beengten Verhältnissen und der vielen Handarbeit ist dafür vor allem Kreativität beim Mise en Place gefordert.“
Die Karte wird trotzdem alle vier bis sechs Wochen saisonal adaptiert. Zusätzlich ergänzen zwei bis vier Tagesgerichte das ohnehin breite Angebot: Trüffelpizza etwa oder verschiedene gesunde Bowls, Dry Aged Filet sowie Carpaccio reihen sich ungeniert zwischen Bayrischen Wurstsalat, Weißwürste, Allgäuer Käsespätzle, Obazden vom Tegernseer Rauchfisch oder Rauchsaiblingsfilet. Martin Frühauf ist es schließlich wichtig, alle Menschen kulinarisch zu verwöhnen.
Ein wenig restriktiver sind dagegen die Öffnungszeiten. Mit einem kleinen Frühstücksangebot startet der Betrieb ab 9.30 Uhr in den Tag. Schluss ist im Sommer schon um 18 Uhr, im Winter sogar um 16 Uhr. Alle Gäste müssen schließlich noch zu Fuß den Heimweg antreten. Der familienfreundliche und trotzdem abwechslungsreiche Fußmarsch zwischen Parkplatz und Hütte dauert rund 45 Minuten. Bis zur Hütte vorfahren – das gibt’s auf der Saurüsselalm nämlich nicht. Auch nicht an den einmal monatlich stattfindenden Hüttenabenden, die bis 23 Uhr dauern und mit einem speziellen Menü viele zusätzliche Gäste anlocken.
Frischer Look
Wer erwartet, dabei von Personal in Dirndl und Lederhose betreut zu werden, wird übrigens überrascht sein. Denn das Saurüsselalm-Team serviert in weißem Hemd, beiger Chino und hellen Turnschuhen. „Der legere Look ist ein schönes, modernes Gegenstück zur jahrhundertealten Altholz-Architektur und der bayerischen Kulturlandschaft rundherum“, meint dazu Tanja Frühauf.
Wo der Name „Saurüssel“ seinen Ursprung hat, weiß auch sie nicht ganz genau. Nur, dass sich der Name der Hütte natürlich vom gleichnamigen „Saurüsselgraben“ mit dem „Saurüsselbach“ herleitet, den die Gäste beim Aufstieg auf die Alm durchwandern. Nur gut, dass sich die Frühaufs von dem deftigen Namen nicht haben abschrecken lassen und ein gastronomisches Traumprojekt verwirklichen konnten.