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Brot & Spiele
Befeuert durch das Kapital aus dem Ölgeschäft ist in Saudi Arabiens Hauptstadt Riad innerhalb weniger Jahre ein Gastromarkt entstanden, der internationale Restaurantmarken anzieht wie Motten das Licht.
Denn das Königshaus setzt Neuerdings auf Angebote, die den Tourismus fördern und gleichzeitig die Untertanen bei Laune halten sollen.
Riad ist anders. Wer den Fehler begeht, freitags einzufliegen, den begrüßt die Acht-Millionen-Stadt zwar selbstbewusst mit in der Wüstensonne glitzernden Skyscrapern wie dem 300 Meter hohen Kingdom Tower. Bis spät in den Nachmittag hinein aber auch mit gähnender Leere auf den Straßen und marmorglatter Fadesse in zig Shopping-Malls. Denn den muslimischen Sonntag verbringen die strenggläubigen Saudis in der Moschee oder im Kreis ihrer Familien. Alkohol ist nach wie vor tabu, dafür der Anteil von Männern und Frauen hoch, die im weißen Thaub oder in bodenlagen schwarzen Abajas durch die Straßen wandeln.
Ganz anders das Bild am Abend zuvor in Boulevard City, einem von vielen Megaprojekten, die in Riad innerhalb weniger Jahre aus dem Wüstenboden gestampft wurden. In der mächtigen Erlebnis- und Entertainmentwelt wummert, glitzert und blitzt es so neonbunt, dass zartbesaitete Europäer schon nach kurzer Zeit einen epileptischen Anfall fürchten müssen. Die Freude an der Sinnesüberreizung spiegelt sich in einem wilden Mix aus Kartbahnen, Mulitplex-Kinos, einem Eisring, Lasershows und allem, was das Spielkind in uns gut findet. Vor ein paar Jahren wären die ausgelassenen Szenen, die sich hier bis vier Uhr früh abspielen, noch undenkbar gewesen – erst seit 2018 dürfen Frauen Auto fahren! Heute werden sie vom absolutistisch herrschenden Königshaus Saud sogar gefördert.

Der Edel-Inder Gymkhana ist eines von dutzenden Konzepten, die direkt aus London nach Riad verpflanzt wurden.

Alkohol ist verboten. Also hat Marco Livia im Il Baretto eine geniale Mocktail-Karte entwickelt. Viele folgen diesem Beispiel.

Das in nur wenigen Jahren gebaute King Abdullah Financial Center wird zum großen Teil von der Gastrogruppe MJS bespielt.
Kickstarter Vision 2030
Seit rund fünf Jahren beginnt zum Beispiel jeden Oktober die „Riyadh Season“. Die endlose Reihe von kulturellen und sportlichen Großevents lockt dieses Jahr gleich zu Beginn mit dem King´s Slam, einem Tennisturnier mit Rafael Nadal, Jannik Sinner und Novak Djokovic. Für Jänner sind dann die Supercoppas angesetzt, Fußballturniere, für die Mannschaften wie Inter, Juventus, Real Madrid oder Barca königliche Gagen einstreichen.
Veranstaltet und bezahlt wird das Spektakel von der „General Entertainment Authority“, die damit ihren Teil zum Erreichen der 2016 von Kronprinz Mohammed bin Salman Al Saud verordneten „Vision 2030“ leistet.
Denn Saudi-Arabien möchte seine Wirtschaft unabhängiger von den üppigen Ölvorkommen des Landes machen, die aktuell mehr als die Hälfte zum Staatshaushalt beisteuern. Eine zentrale Rolle spielen bei dieser Strategie Gastronomie und Tourismus. 10 % sollen sie bis 2030 um Bruttoinlandsprodukt beitragen. Das entspräche in etwa 100 Millionen ausländischen Gästen pro Jahr! Neben Reiseerleichterungen wie e-Visas werden deshalb große Summen investiert, um Saudi-Arabien und seine Hauptstadt attraktiver zu machen. Im Viertel Diriyah ist etwa am Rande der Wüste für 20 Milliarden Dollar rund um den perfekt restaurierten ursprünglichen Königspalast der Sauds ein historisch anmutendes Viertel entstanden, das mit der Al Bujairi Terrace auch ein eigenes Restaurant-Areal mit 21 Konzepten bekommen hat. Von Cristiano Ronaldos Edelspanier TATEL über den Asia-Welterfolg Hakkasan bis hin zum heimischen Fine-Diner MAIZ reicht dabei die breite Angebotspalette.
Das Geld für solche Projekte kommt zu großen Teilen aus dem Börsengang des staatlichen Ölunternehmens Saudi Aramco, das rund 2.000 Milliarden Dollar wert ist und Saudi-Arabien allein durch das Börsen-Listing im Jahr 2019 fast 30 Milliarden in die Kassen spülte. Dieses Kapital wird vom „Public Investment Fund“ (PIF) verwaltet, der es in den Bau-, Tourismus- und Restaurantsektor umleitet.
Wie das funktioniert, zeigt exemplarisch die Kooperation der hiesigen Gastrogruppe MJS mit der King Abdullah Financial District Development and Management Company (KAFD). Letztere gehört dem PIF und hat auf drei Millionen Quadratmetern Fläche mitten in der acht Millionen Einwohner zählenden Rasterstadt ein surreal anmutendes Finanzzentrum mit über 60 Hochhäusern, einer U-Bahnstation von Zaha Hadid und 1,6 Millionen Quadratmetern Büro- und Wohnflächen hochgezogen.
„RIAD IST EIN MARKT MIT MEGA POTENZIAL. DAS IST DURCHAUS MIT DEN EMIRATEN VOR 25 JAHREN ZU VERGLEICHEN.“ (CHRISTIAN GRADNITZER, VP BUSINESS DEVELOPMENT & INT. OPERATIONS , RIKAS GROUP, DUBAI)

Gianni Vietina expandierte mit der norditalienischen Küche seines Italohits Madeo aus West-Hollywood nach Riad.

Für das selbst entwickelte Myazu hat sich die Modern Food Company kein arabisches, sondern ein japanisches Konzept ausgesucht.

Das hoch gelobte chinesische Teehouse Yauatcha bringt die TAO-Gruppe aus New York in die saudische Wüste.
Erfolgsmodell Franchise
Den Deal für die meisten Restaurants in der Premiumlocation bekamen die MJS-Gründer Mohammed A. Jawa und Prinz Abdullah Bin Naif Al Saud nicht nur wegen ihrer Nähe zum Herrscherhaus. Genauso wichtig war wohl, dass MJS in den letzten 20 Jahren seine Expertise im Franchisegeschäft stetig ausgebaut hat. Denn die Gastrogruppe gehört zu den Ersten des Wüstenstaats, die internationale Erfolgsbrands nach Riad holten. „Auf unser KAFD-Projekt sind wir besonders stolz, weil wir dazu beigetragen haben, etwas buchstäblich aus dem Nichts zu entwickeln. Ich sehe es als eine unserer herausragenden Errungenschaften als Firma an“, meint dazu Mohammed A. Jawa. Zu Recht: Hat doch MJS über Verträge etwa mit der Azumi-Gruppe des deutschen Erfolgskochs Rainer Becker und des Londoner Investors Arjun Waney schon zig Restaurantkonzepte in Riad etabliert. Die Folge: Das MJS-Portfolio strotzt nur so von zeitgeistigen Lokalimporten. Waneys Italiener Il Baretto ist eines davon, das seit einigen Jahren definiert, wo in Riad oben ist. Für Europäer hält die Karte mit ewigen Azzuro-Hits wie Arancini al Tartufo oder Burrata, Gnocchi und Vitello Tonnato bis hin zum im Ganzen gegrillten Wolfsbarsch nichts Überraschendes bereit. Dafür stimmt bei Interior, Atmosphäre und Service einfach alles. Ähnlich perfekt wurden mit der gesunden A. O. K. Kitchen, dem Edelchinesen Mr. Chow und dem Urth Café aus L.A. andere gastronomische Megaerfolge aus ihren jeweiligen Heimatmärkten ins KAFD verpflanzt.
Von London in die Wüste
Auffallend ist dabei, wie viele dieser Restaurants ursprünglich aus London stammen. Vom French-Toast-Spezialisten Crome über die Nikkei-Küche des Chotto Matte bis hin zum Fine-Diner Bardo St. James scheint die ganze Stadt immer mehr zu einer Spielwiese für die enorme Bandbreite innovativer britischer Gastronomie zu werden. Warum das so ist, kann der Kärntner Elmar Pichorner erklären, der mit zwei Kollegen im nahen Dubai die Beratungsfirma Atelier EPJ betreibt. In Riad hat er schon so renommierten Restaurants wie dem Le Petit Maison (LPM), dem Edelgriechen Meraki oder Mamo Michelangelo beim Markteintritt in Saudi-Arabien geholfen. „Wir wollten damals testen, wie gut das LPM in Riad ankommen würde, und haben ein Pop-up gemacht. Dafür wurde Raphael Duntoye eingeflogen, damals LPM-Küchenchef in London, der darauf zuerst überhaupt keinen Bock hatte“, erinnert sich Pichorner. „Als er dann die Gäste sah, meinte er aber ganz überrascht: Die kenne ich alle aus London!“

Kein raffinierter Zucker, kaum Gluten und Molkereiprodukte. In der A.O.K. Kitchen aus London geht es zeitgeistig zu.

Der Ursprung des La Petit Maison liegt in Nizza. Das merkt man auch am perfekt exekutierten Patisserie-Angebot.

Das Villa Mamas aus Bahrain ist eines der wenigen Toprestaurants in Riad, das die Küche der Region serviert.
Fokus Heimmärkte
Die Anekdote illustriert gut, wie eng die Bindung vor allem reicher Saudis zum britischen Königreich nach wie vor ist. Großbritannien gehörte zu den ersten Großmächten, die die Herrscherfamilie 1915 anerkannten, noch bevor 1938 das Erdöl zu fließen begann. Seitdem studieren viele Saudis in London, haben dort Wohnungen oder Häuser und fliegen regelmäßig übers Wochenende in die nur sechs Flugstunden entfernte Metropole. Die besten Londoner Lokale sind also vertraute Brands für die meisten Einheimischen. Pichorner glaubt deshalb, dass die Restaurantflut in Riad auch ein Anreiz für die Jungen sein soll, öfter im Land zu bleiben: „Die Saudis geben viel Geld im Ausland aus. Auch das soll sich durch die Vision 2030 ändern. Denn Saudi-Arabien hat zwar wunderschöne Landschaften und selbst Kulturtourismus aus Europa kann ich mir gut vorstellen. Aber die wichtigsten potenziellen Herkunftsmärkte werden das eigene Land, Kuwait, Oman, Katar, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bleiben“, ist er sich sicher.
Daran wird wohl auch das Restaurant-Angebot großer europäischer Gastroplayer in Kooperation mit heimischen Gruppen nichts ändern, meint Pichorner. Neben MJS gibt es einige weitere, die jeweils eine Vielzahl ausländischer Restaurantmarken betreuen und sich große Teile des Markts in Riad untereinander aufteilen. Die Cool Inc. von Tal Nazer und Mohyedin Kamel etwa, deren im Gesundheits- und Versicherungswesen des Landes sowie beim Bau von Infrastrukturprojekten enorme Summen verdient haben. Ihre Gruppe zeichnet mit Wagyumafia, dem Chi Spaca von US-Star Nancy Silverton, Wolfgang Pucks Spago, Les Deux Magots und Raoul´s zum Beispiel für den Großteil des kulinarischen Angebots in der brandneuen Edel-Shoppingmall VIA Riyadh verantwortlich.

Boulevard City ist ein ganzer Stadtteil Riads, der sich allein dem grell-buntglitzernden Eskapismus widmet.

Um den ehemaligen Königspalast der Sauds ist mit der Al Bujairi Terrace ein riesiges Freizeitareal entstanden.

Einen erfolgreichen Griechen würde wohl niemand in Riad erwarten. Aber das Meraki aus London ist genau das.
Gastro als Hobby
Die Modern Food Company ist dagegen hauptsächlich im angesagten Viertel As Sulimaniya aktiv. CEO Faisal Shakers Familie ist der größte Importeur von Klimaanlagen im Land. Der junge Faisal war deshalb früh finanziell unabhängig und oft zu Gast in den Gastro-Hotspots der Welt. „Mein Weg in die Gastronomie begann an sich als Hobby, das sich zu einer echten Passion entwickelt hat“, erzählt er. „Meine Geschäftspartner und ich sind immer gerne gut essen gegangen, wenn wir auf Reisen waren. Das ging sogar so weit, dass wir unsere Reiseziele entsprechend ausgewählt haben. Bald kam uns die Idee, ein eigenes Restaurant zu eröffnen.“ Heute sind es viele: Signor Sassi, Cicchetti und Agio der italienischen Gastrofamilie San Carlo aus London beispielsweise. Oder Beefbar und Crazy Pizza aus Monte Carlo sowie das peruanische Konzept Coya und das Billionaire von Flavio Briatore. Mit Myazu, Robata und Kayzo versucht man es derzeit sogar sehr erfolgreich mit selbst entwickelten Marken, die sich stark an Rainer Beckers Zumas und Rokas orientieren. Sogar der japanische Designer von Beckers Läden wurde engagiert.

Vor allem die jungen Saudis setzen sich für die Öffnung des Landes ein. Die Gastronomie spielt dabei eine sehr wichtige Rolle.

Im Al Faisalia Tower betrieb die Al Khozama Group ihr erstes Hotel. Heute ist sie einer der großen Player am Gastromarkt in ganz Saudi-Arabien.

In der Mitte ein von Stadtautobahnen gesäumter Hochhaus-Streifen und rundherum Häuser bis zum Horizont. So präsentiert sich Riad nachts
„DIE SAUDIS SIND SEHR SOPHISTICATED, DESWEGEN WIRD FÜR GUTE PRODUKTE ENORM VIEL AUGEGEBEN.“ (ELMAR PICHORNER, MITINHABER, ATELIER EPJ, DUBAI)

Im ursprünglich in L. A. beheimateten Chi Spacca lässt Starköchin Nancy Silverton ihr Signature „Beef Cheek and Bone Marrow Pie“ servieren.

Der noble Spanier TATEL ist ein gemeinsames Projekt der Ballsportkünstler Rafael Nadal und Cristiano Ronaldo.
Große Ambitionen
Letzteres lässt erahnen, wie viel in Riad in den Restaurantmarkt investiert wird. „Die Saudis sind sehr sophisticated, deswegen wird auch für den Import der Produkte enormes Geld ausgegeben. In Saudi kannst kan Schas vorstellen“, bricht der Kärntner aus Pichorner. Das hat er auch bei seiner Arbeit für Al Khozama erlebt, der ältesten Hospitality-Gruppe des Königreichs, die vor vielen Jahren mit dem Al Faisalia das erste Hotel Riads eröffnete. Heute betreibt man es als Mandarin Oriental. Außerdem ist Al Khozama dort für die Restaurant-Franchises von LPM, Mamo Michelangelo, Meraki,La Brasserie und das edle Dim-Sum-Teehaus Yauatcha der TAO Group aus New York verantwortlich. „Das Yauatcha einzurichten hat ein Vermögen gekostet“, staunt Gastroprofi Pichorner noch heute. Generell sei es nicht immer einfach, die Restaurants zum Laufen zu bekommen, weil Baumaterialien oder wirklich gutes Personal fehlten, meint er. Aber: „Am Ende müssen die Restaurants profitabel sein. Wenn sich´s nicht rechnet, wird auch wieder zugesperrt.“
Das weiß auch Christian Gradnitzer, ebenfalls gebürtiger Kärntner, der in Dubai Vice President für internationales Business Development der Rikas-Gruppe ist. In Riad hat er gerade Verträge für drei der Rikas-Konzepte unterschrieben. „Wir möchten dazu beitragen, den Markt in Saudi-Arabien weiter aufzubauen. Man darf natürlich nicht erwarten, dass man dort innerhalb kurzer Zeit gleich große Gewinne einfährt. Aber ich sehe vor allem Riad als einen Markt mit Megapotenzial für uns. Ich denke, das ist durchaus mit Dubai vor 25 Jahren zu vergleichen. Vor allem, falls sich Saudi-Arabien gesellschaftlich noch weiter öffnet.“
Bedeutet das auch Chancen für österreichische Gastroprofis, die sich im Ausland probieren möchten? „Man muss wissen, worauf man sich einlässt. Anfangs ist das wahrscheinlich schon ein Kulturschock“, meint Gradnitzer, der schon überall auf der Welt gearbeitet hat. Aber die österreichische Ausbildung sei auch im Mittleren Osten sehr hoch angesehen und ein Vorteil bei internationalen Bewerbungen. „Du musst halt einfach angreifen und es mit Passion machen! Dann wirst du auch Erfolg haben.“ Ein Vorteil dabei: Viele Möglichkeiten, das verdiente Geld für Wein, Weib und Gesang auszugeben, gibt es in Riad nicht.
3 KONZEPTE – Royal Riad


// Maiz //
Fine Dining auf arabisch
Mit dem Maiz gleich neben dem ehemaligen saudischen Königspalast im historischen Bezirk At Turaif zeigt die Al Khozama Group, was sie sich unter saudi-arabischem Fine-Dining vorstellt. Serviert werden Nationalgerichte wie Lamm Khabsa, für das Lammrippen zusammen mit Khabsa-Gewürz und Reis gegart werden. Dazu gießt der perfekte Service Lamm-Jus mit Cashew-Kernen an und schiebt gepickelte Datteln hinterher. Oder man wählt schlatzigen Saleeg mit Huhn. Dafür wird Reis in Hühnerbrühe und Milch gegart, bis er in etwa Risotto-Konsistenz annimmt. Die gerösteten Hühnerstückchen liegen obenauf und dazu gibt es Duggus, eine Sauce aus Tomaten, Koriander und Chili sowie geräucherten Ghee. Die meist ausländischen Gäste lehnen sich danach in edle Sadu-Kissen und bewundern die lehmbraune Najd-Architektur rundherum.

// Wagyumafia //
Zwei Japaner drehen durch
Fleischexperte Hisato Hamada und Unternehmer Takafumi Horie sind verrückt nach Wagyu. Zunächst vertrieben sie die mit tausenden Fettadern durchzogenen Edelstücke von 20 sorgfältig ausgewählten Bauernhöfen nur. Doch nachdem sie in Tokio einige intime private Dinner-Pop-ups zum Thema veranstaltet hatten, wurde ihnen das gastronomische Potenzial des Konzepts bewusst. Mittlerweile gibt es sieben Standorte weltweit. Der Clou daran: Die meisten davon sind „Members only“. Man muss also Mitglied werden, um bis zu 14 Gänge mit den seltensten und besten Wagyu-Cuts genießen zu dürfen. Scheinbar der ideale Zugang für einen Markt wie Riad. Dort konnten reiche Saudis das Konzept seit Mitte 2023 für schlappe 300 Euro pro Nase testen. Getränke exklusive! Doch scheinbar hat sich die Cool Inc. um Tal Nasser diesmal verkalkuliert. Das Konzept zieht weiter.


// Crome //
Picksüßes Erfolgsmodell
Der Mittlere Osten ist einer der größten Schokolade-Abnehmer weltweit. Dass ein Café aus London, das sich auf French Toast spezialisiert, Ableger in Doha und Riad gründet, ist also gar nicht so abwegig. Auf der Karte stehen deshalb der „Nutella & Popcorn“ oder „The Choco-Holic“. Dafür wird warmes Brioche in Zimtzucker getaucht und dann mit Softeis, Nutella-Sauce und Waffelcrumble getoppt. Außerdem gibt es fruchtige Varianten und welche mit Tiramisu, Ahornsirup, Pistazien oder Lotus Biscoff. Und weil das alles sooo süß ist, passt die zeitgeistige Einrichtung in Fliedertönen perfekt. Wer es herzhafter bevorzugt, bekommt natürlich einen ausgiebigen Brunch und bei der riesigen Kaffeeauswahl von Flat White bis Aeropress darf der heimische Ghawa-Kaffee nicht fehlen.
Interview

„Ich sehe Riad als Hoffnungsmarkt.“
Der Kärntner Christian Gradnitzer verantwortet als Vice President der Rikas Group deren Expansion von Dubai nach Riad und in die Welt. FRISCH erklärt er die Unterschiede der beiden Märkte.
Du bist in der Nähe von Villach geboren und heute als Vice President für die Geschäftsentwicklung einer der wichtigsten Restaurantgruppen in Dubai zuständig. Klingt nach einer irren Karriere-Reise …
Kann man sagen. Meine Mutter hatte ein Gasthaus in Ferndorf. Also habe ich mit 14 eine Kochlehre in Villach begonnen. Danach war ich in der Schweiz und mit 19 ein paar Monate in San Francisco, um besser Englisch zu lernen. Prägend war für mich allerdings die Zeit unter Anton Mosimann im Hotel Dorchester in London. Ich habe damals 28.000 Pfund im Jahr verdient und war oft schon Mitte des Monats klamm. (lacht) Aber ich habe unglaublich viel gelernt!
Wie kam es zur Übersiedlung nach Dubai?
Um 1998 habe ich einen Artikel über das neue Burj Al Arab gelesen und war total fasziniert. Kurz danach rief ein Headhunter bei mir an. Als der mir erzählte, dass sie Mitarbeiter für genau dieses Jumeirah Hotel suchen, habe ich sofort gekündigt und bin im Jahr 2000 rüber, um dort Sous Chef zu werden.
Seitdem hast du viele Topjobs für Jumeirah und Hilton im Management gemacht. Heute arbeitest du für die Rikas Group in Dubai. Die entdeckt Riad gerade als Markt, oder?
Ja, wir haben kürzlich drei Konzepte unterschrieben, darunter unsere Flagship-Restaurants La Cantine du Faubourg, Ninive und den 20er-Jahre-Japaner Mimi Kakushi. Wir wollen dazu beitragen, den saudischen Markt weiter aufzubauen. Dafür müssen wir jetzt gute Partnerschaften entwickeln. Ich weiß aber auch, dass wir wahrscheinlich nicht innerhalb eines Jahres das große Geld verdienen werden. Dafür gibt es schon zu viele gute Konzepte am Markt.
Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen Dubai und Riad?
Mich erinnert Riad an Dubai vor 25 Jahren. Das Potenzial für die Gastro ist riesig. Es muss sich aber noch viel entwickeln und man muss die lokale Kultur respektieren. Umso mehr als die Gäste in Riad überwiegend Einheimische sind. Darin sehe ich einen großen Unterschied zu Dubai. Dort überwiegen die Expats, weil die Emiratis nur rund 12 % der Stadtbevölkerung ausmachen.
Du sprichst die Kultur an. Können Gastrokonzepte ohne Alkohol und Musik überhaupt spannend sein?
Ich finde schon! Das Mocktail-Angebot in Riad ist beispielsweise eines der besten weltweit. Aber natürlich darf man diesbezüglich Dubai und Riad nicht vergleichen. Das ist ein völlig anderes Spiel. Man darf dabei nicht vergessen, dass Saudi-Arabien schon viel offener geworden ist. Musik ist zum Beispiel überhaupt kein Problem mehr. Da hat sich viel getan! Auch die jungen Saudis wollen, dass sich etwas ändert und sich die Gesellschaft noch mehr für Einflüsse von außen öffnet. Für viele von ihnen ist die Gastro heute als Arbeitgeber attraktiv und sie sind dafür auch gut ausgebildet. Ich sehe deshalb Riad als Hoffnungsmarkt. Nicht nur für die Rikas Group.
Christian, vielen Dank für das Gespräch!
Christian Gradnitzer
Der Kärntner gehört zu den erfolgreichsten Gastromanagern Österreichs. Als er 2000 als Koch nach Dubai kam, arbeitete er zunächst für Jumeirah und wurde 2012 sogar Group Culinary Director. Danach entwickelte er für die Dogus Group und für Hilton das kulinarische Angebot im Mittleren Osten. Seit 2022 ist er nun Vice President der RIKAS Group in Dubai.