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Fleisch Patrioten

Fleisch aus Österreich braucht sich in Puncto Qualität längst nicht mehr vor der Konkurrenz aus übersee zu verstecken. Meist wird es sogar nachhaltiger produziert Und besser verarbeitet. Immer mehr Profiköche lassen sich davon inspirieren.

878.000 Tonnen. So viel Schlachtgewicht produzieren österreichische Landwirte in etwa jährlich. Dabei gelten höchste Standards – von der Aufzucht über die Qualität des Futters bis hin zur professionellen Verarbeitung im Schlachthof. „Für mich ist deshalb schwer nachvollziehbar, dass ich immer wieder das Argument höre, es wäre nicht genug heimisches Fleisch verfügbar, um den gesamten Markt zu bedienen“, meint Manfred Kröswang angesichts dieser Zahl. Sein Unternehmen hat bewusst entschieden, einen starken Fokus auf Fleisch aus Österreich zu legen. „Wie alle anderen Großhändler haben wir davor internationale Ware gelistet. Aber damit gab es immer wieder Qualitätsprobleme – beispielsweise mit Fleisch aus Südamerika, das sehr lange auf den Weltmeeren unterwegs ist. Wenn das dann vor Ablauf des MHD schon leicht riecht, können und wollen wir das uns und unseren Kunden nicht zumuten“, erklärt er einen der Hintergründe der Entscheidung.

Denn bei der Fleischqualität überlässt KRÖSWANG nichts dem Zufall: „Bei uns gibt es einen sehr komplexen Selektionsprozess, der über die allgemeinen Anforderungsprofile weit hinausgeht. Den müssen alle Produkte bestehen, damit wir sie in unser Angebot aufnehmen“, erklärt etwa Bernd Angleitner. Der Fleischeinkäufer darf sich zusätzlich Fleischsommelier nennen und hat das KRÖSWANG Bewertungssystem mit­entwickelt: „Jedes Fleischprodukt, ob Schwein, Rind oder Geflügel, muss ein von uns definiertes Profil aufweisen, das wiederum davon abhängt, ob es sich beispielsweise um ein Kalb oder eine erwachsene Kuh oder einen Stier handelt.“

Vorteil natürliche Haltung

Weitere Kriterien sind die Herkunft des Tieres, Alter, Gewicht, Art der Haltung sowie die Fütterung – um nur einige Parameter des komplexen Systems zu nennen. Denn jeder dieser Aspekte hat letztlich Einfluss auf Geschmack, Marmorierung und generelle Textur des Endprodukts. „Besonders wichtig ist für uns dabei die natürliche Haltung der Tiere, weil sie dadurch generell gesünder aufwachsen. Das spiegelt sich in der Fleischqualität ganz eindeutig wider“, so Angleitner. Auch die Schlachtsituation habe einen grundlegenden Einfluss: „Wir wissen mittlerweile, dass Stress bei der Fahrt zur Schlachtung und in der Schlacht-Situation selbst zu einem erhöhten pH-Wert führt, wodurch das Fleisch zäher wird und sich nicht so gut reifen lässt.“ Deshalb werde nach der Schlachtung ausnahmslos der pH-Wert gemessen. Entspricht er nicht den KRÖSWANG Vorgaben, wird das Fleisch aussortiert. Für Köche ist das mehr als relevant: „Bei Schweinen führt erhöhter Stress beispielsweise dazu, dass das Fleisch sehr wässrig wird. Nach dem Anbraten ist es dann trocken und grau.“

Beim steirischen Zerlege- und Schlachtbetrieb Zotter hat man all diese Faktoren voll im Griff. Das Familienunternehmen beliefert KRÖSWANG mit hochwertigem Kalb- und Rindfleisch. „Bei uns liegen das Schlachten, Zerlegen und die Selektion bis zum fertigen Produkt in einer Hand. Außerdem beschäftigen wir dafür nur Profis, die wirklich wissen, was sie tun“, erklärt dazu Geschäftsführer Christoph Zotter. Ein weiterer wesentlicher Grund für die hohe Qualität: „Wir arbeiten seit Jahrzehnten mit regionalen Bauern zusammen. Durch diese enge Bindung können wir uns bei Themen wie beispielsweise der idealen Fütterung, dem richtigen Maß an Auslauf und den Aufstallungen gemeinsam weiterentwickeln. Das gewährleistet höchste Standards von Geburt und Aufzucht bis hin zur Schlachtung.“

Bei Letzterem zählt Zotter überhaupt zu den Vorreitern in Österreich: „Wir haben schon vor 20 Jahren einen Wartestall mit genügend Einstreu, Wasser und einem Milchautomaten in unsere Anlagen integriert. Dort können sich die Tiere nach der Anfahrt akklimatisieren. Es gibt einen Treibegang, der etwas ansteigt. Das beruhigt die Kälber, weil sie Herdentiere sind und es mögen, wenn es bergauf geht.“ Zotter hat zudem eine eigene Betäubungsanlage für Kälber konstruiert. „Alles in allem achten wir sehr darauf, dass die Schlachtung schonend und stressfrei ist – das haben wir auch sofort an der Fleischqualität gemerkt.“ Das ist einer der Gründe, warum in dem steirischen Vorzeigebetrieb auch gerade ein Tierwohlsiegel in Umsetzung ist.

Beim Schlachtbetrieb Marcher ist man diesbezüglich sogar schon einen Schritt weiter. Vor allem sogenanntes „Tierwohl“-Schweinefleisch bezieht ­KRÖSWANG von dem Betrieb aus Kärnten. „Der aus unserer Sicht wichtigste Beitrag zur Fleischqualität ist ein stressfreier Prozess, der von der Verladung der Tiere am Bauernhof über den Transport, die Ankunft am Schlachthof bis hin zur schlussendlichen Schlachtung reicht“, betont auch Marcher-Geschäftsführer Norbert Marcher. Wichtig seien dafür Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung und vor allem Ruhe.

Tierwohl aus Überzeugung

Bei der Infrastruktur würden eine ganze Reihe Maßnahmen zusätzlich beruhigend wirken: rutschfeste Böden, ein Lichtregime von dunkel nach hell, Ruhebuchten, entspannte Atmosphäre und sogar beruhigende Musikbeschallung. Außerdem gäbe es Beschäftigungsmaterial, Berieselung mit warmem Wasser und auch hier aufsteigende Treibegänge, so Marcher: „Bei der Schlachtung selbst, ist es wesentlich, dass unsere Mitarbeiter zeitlich nicht unter Druck stehen. So können sie sich auf jedes Tier einstellen und den Vorgang professionell und präzise durchführen", erklärt er. Damit das alles ordnungsgemäß abläuft, wird sogar videoüberwacht. So ist für Tierschutzbeauftragte und amtliche Tierärzte hundertprozentige Transparenz gewährleistet. Denn Marcher ist bei seinem über KRÖSWANG angebotenen Schweinefleisch-Sortiment Teil des „AMA Mehr Tierwohl“-Programms. Zusätzlich zur schon beim Basis-Gütesiegel garantierten österreichischen Herkunft bedeutet das neben den geschilderten Maßnahmen auch 60 % mehr Platz bei der Aufzucht der Tiere, mit Stroh oder Sägespänen eingestreute Liegeflächen und genug Beschäftigungsmaterial.

„Diese Anstrengungen merken Köche durchaus an der Qualität des Fleisches“, so Fleischsommelier Angleitner: „Es ist wesentlich saftiger, zarter im Geschmack und lässt beim Braten weniger Wasser“, führt er Vorteile an, die Köche auch abseits des in den Medien immer wieder hochkochenden Themas Tierwohl von diesen Produkten überzeugen sollten. 

Überhaupt schickt sich Österreich gerade an, mit seinen Fleischprodukten selbst am Weltmarkt oben mitzumischen. Das ist auch Grillweltmeister und Fleischprofi Adi Bittermann aus Göttlesbrunn schon aufgefallen: „Wenn ich eine internationale Steak-Verkostung mache, wird immer deutlich, wie gut und hochwertig österreichisches Fleisch ist! Dazu kommen neben der Qualität noch die Argumente CO2-Fingerabdruck und Nachhaltigkeit“, sagt er.

„WIR ESSEN ZU VIEL UND ZU SCHLECHTES FLEISCH. ICH WÜNSCHE MIR EINE RÜCKBESINNUNG.“ (LUDWIG MAURER, STARKOCH UND „FLEISCHPAPST“, STOI, RATTENBERG)

Primecuts made in Austria

Ein Beispiel dafür, was Bittermann meint, ist österreichisches Kalbinnenfleisch – ein Produkt von Kühen, die noch kein eigenes Kalb ausgetragen haben. KRÖSWANG bietet eine besonders hochwertige Variante dieses Fleisches unter dem Markennamen Salon Beef an: „Das Kalbinnen-Fleisch ist viel geschmacksintensiver als das von Stieren, weil das intramuskuläre Fett ausgeprägter ist“, erklärt dazu Josef Grünanger vom Schlacht- und Zerlegebetrieb Großfurtner im Bezirk Ried im Innkreis. Dort tragen darüber hinaus die betriebseigenen Fleischprofis viel dazu bei, dass Salon Beef zum Besten gehört, mit dem Köche arbeiten können. „Weil das intramuskuläre Fett für den Geschmack sorgt, braucht man erfahrene Metzger, die das Fleisch professionell zuschneiden und richtig selektieren“, erklärt der Großfurtner Geschäftsführer. So vorbereitet eignet es sich besonders gut für lange Reifezeiten. „Wir veredeln das Fleisch nach der Schlachtung unter idealen Rahmenbedingungen für ganze 21 Tage selbst. Das ist eine Spezialität von uns, durch die Salon Beef in Blindverkostungen regelmäßig punkten kann, was Geschmack, Biss und Zartheit angeht“, ist Fleischspezialist Grünanger stolz. Für Köche hat dieser Weg den großen Vorteil, dass sie nicht selbst reifen müssen und sich voll auf das Know-how ausgewiesener Spezialisten auf diesem Gebiet verlassen können: „Wir garantieren perfekt abgehangenes Topfleisch, weil wir wissen, wie wichtig es ist, dass sich vor allem die Gastronomie auf konstante Qualität verlassen kann.“

„WENN ICH EINE STEAKVERKOSTUNG MACHE, WIRD IMMER DEUTLICH, WIE GUT HEIMISCHES FLEISCH IST!“ (ADI BITTERMANN, GRILLWELTMEISTER, BITTERMANN´S GENUSSWELT, GÖTTLESBRUNN)

Susi-Sorglos-Produkt

Das sieht auch Grillweltmeister Adi Bittermann so: „Für die Küche ist das ein wichtiger Punkt. Ich muss die Sachen verlässlich anbieten können“, stimmt er Grünanger zu. Außerdem verzichtet der Haubenkoch in seinem Lokal ganz bewusst auf Billigware. „Man darf das Fleisch nicht über den Preis auswählen“, sagt er. „Lieber zahle ich 10 bis 30 % mehr und habe dafür ein Susi-Sorglos-Produkt. Denn sobald ich nachdenken muss, wie ich ein Fleisch am besten zubereite, damit es besser schmeckt, ist das Zeitverschwendung.“ Man müsse ja auch nicht jeden Tag Fleisch essen: „Lieber ein bisschen weniger, dafür teurer, hochwertiger und aus Österreich.“

Was das Grillen betrifft, könne man als Profi mit den Premiumcuts nicht viel falsch machen, meint er. Außerdem sind sie wohl ewige Gästelieblinge auf jeder Karte. Aber es gäbe auch unterschätzte Teilstücke, die selten den Weg auf den Grill finden. Zum Beispiel das Flat Iron: „Das ist für mich ein spezieller Teil, den man sehr gut auf offenem Feuer oder auf der Kohle grillen kann. Da sind die Querfasern extrem grob, die ziehen sich dann zusammen. Das lässt man im Salz rasten und schneidet es quer zur Faser auf – unvorstellbar zart!“

Königsdisziplin Longjobs

Beim Grillen ist Adi Bittermann ein Fan der sogenannten „Longjobs“ – anspruchsvoller Grillgerichte, die ewig im BBQ-Griller oder Smoker bleiben und denen Köche so ein ganz spezielles Aroma verleihen. „Der Klassiker ist die Rinderbrust Beef Brisket: Das sind drei Teile – das Point, Flat und Burnend –, das wird mit Salz und Pfeffer gewürzt und dann langsam 18 bis 24 Stunden gesmokt“, sagt er. Dabei darf es keine Schwankungen bei der Temperatur (120 Grad) geben. Dadurch schmilzt das Fett im Fleisch nur sehr langsam und wird sehr saftig. „Das schmeckt wie Rindfleischpralinen – eine Geschmacksexplosion!“, ist er begeistert.

Auch Bittermanns deutsches Pendant „Fleischpapst“ Lucki Maurer ist ein Fan der Longjobs. „Ich arbeite dabei immer nach der Grundregel 120/90. Sprich eine konstante Temperatur von 120° so lange, bis eine Kerntemperatur von 90° erreicht  und die Plateauphase überschritten ist.“ Zu Maurers Lieblings-Grillgerichten zählen die knochenlosen Navel Short Ribs, aber auch der sogenannte St. Louis Cut vom Schwein. „Für meine Longjobs benutze ich gerne das Big Green Egg und arbeite nicht mit Holz, sondern mit Top-Buchenholzkohle“, lässt er sich ein wenig in die Karten schauen.

Außerdem wären bei langen Zubereitungen Rubs ein Weg, das Fleisch speziell zu aromatisieren. Bei den St. Louis Ribs werden die Ripperl etwa mit Carolina Pork Rub eingerieben, der aus braunem Zucker, Chilipulver, Pfeffer und Kreuzkümmel besteht. „Nach drei Stunden im Grill werden die Rippchen zwei Stunden in Alufolie- oder Butcher-Paper eingewickelt weitergegart.“ Danach kommen sie noch eine weitere Stunde offen in den Grill, wobei sie regelmüßig mit einer Mischung aus Honig, Apfelessig, Ketchup und Senfpulver glasiert werden. Ein herrlich intensives US-BBQ-Gericht, das heimische Top-Ripperl sogar noch besser macht. Denn mehr Liebe als österreichische Bauern, Metzger und Köche geben auch die Amerikaner ihren Fleischprodukten nicht.

Lieblings Longjobs

Gäste lieben Premiumcuts. Für Köche sind sie aber meist keine Herausforderung. FRISCH hat Lucki Maurer und Adi Bittermann deshalb nach ihren Lieblings-Longjobs gefragt.

Der Unbekannte

BEEF HAMMER

Teilstück:
Rinderstelze

Garzeit:
14 Stunden

Temperatur:
120° C

Zubereitung:
Das Kollagen und die Sehnen etwas wegschneiden und das Fleisch mit einem Butter-Jus versetzen. Damit das Fleisch im Smoker nicht vom Knochen fällt, sollte man es mit einem Spagat anbinden.

Geschmack:
Intensiver Geschmack durch das zersetzte Kollagen

Empfohlene Beilage:
Zerstampfte Erdäpfel mit Jungzwiebel, Senfsauce und frischem Lauch

Die Königsdisziplin

Beef Brisket

Garzeit:
18 – 24 Stunden

Temperatur:
120° C

Zubereitung:
Fleisch mit Salz-Pfeffer-Mischung einreiben und im Smoker garen. Wichtig: es darf keine Schwankungen bei der Temperatur geben.

Geschmack:
Sehr vollmundiger Geschmack und saftig

Empfohlene Beilage:
Süßkartoffel-Chilipüree

Der Shorty

Pork Bellys

Teilstück:
Schweinebauch

Garzeit:
2 – 4 Stunden

Temperatur:
120° C

Zubereitung:
Der Schweinebauch wird in zehn Zentimeter dicke Streifen geschnitten und mit einer Gewürzmischung gewürzt, dann wird es zwei bis vier Stunden gesmokt. Anschließend werden Würfel daraus geschnitten, die man in einem Pfirsichtee ziehen lässt.

Geschmack:
Wenn das Fett geschmolzen ist, werden die Würfel weich wie Butter.

Empfohlene Beilage:
Karfiolpüree

Der US-Bayer

St. Louis Ribs

Teilstück:
Schweinerippchen
St. Louis Cut

Garzeit:
insgesamt
6 Stunden

Temperatur:
120° C

Zubereitung:
Schweinerippchen mit Carolina Pork Rub einreiben und dann drei Stunden grillen. Anschließend in Alufolie am Grill für zwei Stunden garen, um sie dann wieder eine Stunde auf den Grill zu legen – dazwischen regelmäßig mit einem BBQ-Mob glasieren.

Geschmack:
Sehr geschmacksintensiv und saftig
aufgrund des Fettgehalts

Empfohlene Beilage:
Bayrischer Krautsalat

Interview

„Tiere, die glücklich aufwachsen, schmecken besser.“

Grillweltmeister Adi Bittermann verrät FRISCH, wie er Fleisch auswählt und warum er auf Cuts made in Austria steht.

Sie sind absoluter Experte. Wie sucht ein Grillweltmeister sein Fleisch aus?

Dabei spielen verschiedene Punkte eine Rolle: natürlich das intramuskuläre Fett, aber genauso die Verfügbarkeit. Ich muss die Produkte im Restaurant verlässlich jeden Tag anbieten können. Wichtig ist mir auch Haltung und Fütterung, das hat großen Einfluss auf die Qualität des Fleisches. Man weiß da mittlerweile schon so viel: Wann gibt man was ins Futter, wie nimmt es das Tier auf – das ist alles hochwissenschaftlich. Aber grundsätzlich muss man sagen: Tiere, die glücklich aufwachsen und geschlachtet werden, schmecken besser.

Ist das nicht auch ein Preisthema?

Man darf das Fleisch nicht nur über den Preis auswählen – lieber zahle ich 10 bis 30 % mehr und bekomme dafür Topqualität und ein Susi-Sorglos-Produkt. Denn sobald ich nachdenken muss, wie ich ein Fleisch am besten zubereite, damit es besser schmeckt, ist das Zeitverschwendung.

Welches Fleisch verwenden Sie?

Ich beobachte den Markt, probiere aus und schaue, ob ich das dann für mein Programm brauche. Wenn ich beispielsweise eine internationale Steak-Verkostung mache, dann spanne ich den Bogen rund um die Welt und biete eine entsprechende Auswahl an. Da wird dann immer deutlich, wie gut und hochwertig österreichisches Fleisch ist! Dazu kommen neben der Qualität noch die Argumente bzgl. CO²-Fußabdruck und Nachhaltigkeit.

Vielen Menschen ist das noch nicht so bewusst …

Ich bilde Menschen, die zu mir kommen, zu Genussbotschaftern aus und denen sage ich auch: Man muss nicht jeden Tag Fleisch essen. Und wenn man es isst, dann gscheit. Lieber ein bisschen weniger, dafür hochwertiger und aus Österreich.

Gibt es auch gewisse Markttrends, die Sie beobachten?

Jetzt kommt beispielsweise gerade das „Kalb Rosé“ – das ist rosa Fleisch von österreichischen Kälbern, die mit ca. acht Monaten geschlachtet werden. Das ist deshalb bemerkenswert, weil es sich in den vergangenen Jahrzehnten durchgesetzt hat, dass Kalbfleisch weiß sein muss. Der Grund dafür ist aber, dass das Fleisch aus Holland kam und die Kälber dort nicht artgerecht ernährt wurden. Eisenmangel führt dazu, dass das Fleisch weiß wird, sonst nichts.

Ist das Thema Tierwohl für Sie bei der Fleischauswahl relevant?

Ja natürlich, jedes Haustier soll gut behandelt werden und jedes Zuchttier ebenfalls. Man muss allerdings gewisse Punkte auch relativieren, vor allem in Hinsicht auf die Qualität: Wenn eine Kuh den ganzen Tag in Tirol auf der Alm herumspaziert, dann hat die sicher einen guten Eigengeschmack, wegen der vielen Almkräuter, aber ich habe auch einen Hochleistungssportler, das wirkt sich aufs Fleisch aus: Ich habe dann auch eine gewisse Zähigkeit im Fleisch. Super für das Fleisch wäre eine Muttertier-Haltung, möglichst viel Freilauf für das Tier, aber 80 bis 100 Tage vor der Schlachtung sollte das Tier dann im Stall gefüttert werden. Dann setzt es Fett an. Das ist für mich die ideale Kombination – da muss ich mir natürlich vorher den Betrieb ansehen, wer da dahintersteht. Also eine Phase der Entspannung vor der Schlachtung, damit Fett angesetzt werden kann, ist optimal. Wichtig ist natürlich, dass es dem Tier gutgeht, dass es optimal ernährt wird.

Wenn Sie ans Grillen denken: was gibt es denn da für Teilstücke vom Rind und vom Schwein, die Ihrer Meinung nach unterschätzt sind und die tolle Gerichte am Griller ergeben?

Beim Rind: der Kavalierspitz. Das ist ein Muskel in der Schulter, da ist Preis-Leistung super. Daraus schneidet man den Teres Major heraus – das ist extrem edel und ersetzt jedes Filet.
Das Chuck Flap Steak im Rinderhals oder der mittlere Bauchlappen: das Flat Iron, das ist für mich ein spezieller Teil, den man sehr gut auf offenem Feuer auf der Kohle grillen kann. Da sind die Querfasern extrem grob, die ziehen sich dann zusammen. Das lässt man dann im Salz rasten und schneidet es quer zur Faser auf. Das ist so zart, das ist unvorstellbar – das wird bei uns normalerweise als Wurstfleisch verwendet. Es ist aber sensationell, wenn man es so zubereitet. Dann gibt es noch das Elefantenohr. Das ist ein großes Stück aus der Rinderbrust. Man kann es gewürzt und zusammengerollt grillen: Das bekommt man nicht überall!

Beim Schwein ist der Schopfbraten sensationell gut, wenn man ihn zerlegt. Da gibt es den Presa, das ist ein Muskel im Nacken, den man als Einzelstück zubereiten kann. Dann gibt es noch den Money Muscle, das ist ebenfalls im Nacken des Schweins – das ist ein kleines Filet, das kann man rauslesen. Und es gibt noch den Ausläufer von der Karreerose: Das lese ich alles raus, da kann man super Steakstücke draus machen. Diese Stücke werden woanders sündhaft teuer verkauft. Oder beim langen Karree: Da ist ein Deckel drauf, den kann ich runterschneiden und grillen. Das Secreto ist auch ein Highlight!

Was gibt es denn für Longjobs am Grill, die nicht jeder kennt?

Beef Brisket von der Rinderbrust ist sicher der Klassiker: Das sind drei Teile – das Point, Flat und Burnend –, das wird mit Salz und Pfeffer gewürzt und dann langsam 18 bis 24 Stunden gesmokt. Da darf es keine Schwankungen bei der Temperatur geben, das sollte ständig kontrolliert werden. Dadurch schmilzt das Fett im Fleisch nur sehr langsam und es wird extrem saftig. Das ist die Königsdisziplin beim Rind. Ein echter Longjob!

Dann gibt es noch den Beef Hammer: Man mariniert eine Rinderstelze mit einem Jus, der mit Butter versetzt ist. Den spritzt man in die Stelze und das Kollagen sowie die Sehnen schneidet man ein bisschen weg. Das Fleisch wird dann mit einem Spagat an die Stelze gebunden, damit es im Smoker nicht runterfällt. Das Ganze wird 14 Stunden gesmokt – so zersetzt sich das Kollagen. Geschmacklich ist das der Wahnsinn. Beim Schwein gibt es noch die Pork Bellys – also Schweinebauchwürfel aus Texas. Man schneidet den Schweinebauch in zehn Zentimeter dicke Streifen, würzt die Streifen mit einer Gewürzmischung, dann smokt man das zwei bis vier Stunden, schneidet Würfel daraus und lässt das in einem Pfirsichtee ziehen. Das wird dann noch einmal im Gewürz gestaubt und glasiert. Genial.

 

Adi Bittermann

Adi Bittermann ist Feuer und Flamme für regionale Produkte. Mit drei „World BBQ Association“-Titeln in den Kategorien Beef Brisket, Vegetarisch und Pork Shoulder hat er sich in den letzten Jahren auch international einen Namen in der Grillszene gemacht. Im Vordergrund bei Adis Küche und Grillkursen stehen fast immer regionale Lebensmittel.

Ripperl Rock’n’Roll

Für diesen BBQ-Standard aus St. Louis braut Lucki Maurer ein süßlich-Scharfes Carolina Pork Rub und grillt dann ewig mit der 3-2-1 Methode. Sau – Gut!

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