Lokalrunde
HOCHBRÄUHAUS
In Deutschlands höchstgelegener Privatbrauerei serviert Familie Göhl Auf 1.000 Metern Seehöhe neben garantiert handwerklich gebrautem Gerstensaft bierige Hausmannskost auf Spitzenniveau.
Er ist der „Wächter des Allgäus“, der 1.738 Meter hohe Grünten, und seit 2014 wacht er auch über Deutschlands höchstgelegener Privatbrauerei, dem BernardiBräu, samt angeschlossener Bier Alp. Beheimatet ist der Betrieb in Rettenberg, einem Dorf im bayerisch-schwäbischen Landkreis Oberallgäu. Gelegen ist er auf einer Seehöhe von 1.000 Metern und untergebracht in einer ehemaligen Seilbahnstation. Inhaber Bernhard Göhl hat 2014 die ausgediente Talstation am Hang einer ehemaligen Schipiste in eine moderne Craftbier-Brauerei verwandelt und vier Jahre später um die urige Bier Alp erweitert. „Mein Ziel war, ‚ebbas bsonders‘, wie auch mein Firmen-Motto lautet, zu bieten“, sagt Göhl.
Die Station war in Familienbesitz und sollte an sich verkauft werden. Doch dann kam Göhl die zündende Idee, das Gebäude als Bürostandort für sein Unternehmen zu nutzen. Und weil das Gebäude nun schon da war, folgte bald der zweite Schritt: der Bau einer eigenen Brauerei und damit die Erfüllung eines großen Traums. Dabei konnte der diplomierte Braumeister seine ganze berufliche Erfahrung und sein Wissen einbringen. Getränketechnologe Göhl war viele Jahre in der Leitung von Brauereien sowie im Vertrieb und der Planung von Brauanlagen tätig und hat vor seinem Studium das Handwerk von der Pike auf gelernt.
Heute produziert sein BernardiBräu rund 2.000 Hektoliter Bier im Jahr streng nach alter Handwerkstradition. Verwendet werden ausschließlich
Malze aus bayrischen Anbaugebieten, Hopfen aus der Hallertau und der Tettnanger Gegend sowie das eigene quellfrische Gebirgswasser direkt vom Grünten. Das Sortiment reicht vom klassischen, hellen Vollbier über das Märzenbier bis hin zum Hefeweizen und Bockbier. Insgesamt zehn verschiedene Sorten, davon sechs vom Fass, braut er in seinem Sudhaus.
Umsatzbringer Vollbetrieb
Die Bier Alp ließ Göhl in den Jahren 2018/2019 nebst der Brauerei errichten. Sie hat rund 90 Sitzplätze in der Gaststube und weitere 120 im großen, überdachten Biergarten. Eigentlich war sie nur als Brotzeitstube konzipiert, erzählt Göhl. Bald habe er jedoch gemerkt, dass sich mit dem kleinen Jausen-Angebot keine vernünftigen Umsätze erzielen lassen, und daher auf gastronomischen Vollbetrieb umgestellt. So hat sich auch die Zielgruppe erweitert. Zu den Ausflüglern, die anfangs primär angesprochen wurden, kamen schnell Gäste allein für den kulinarischen Genuss in die idyllisch gelegene Almhütte. Dabei gereichte die einmalige Lage dem Betrieb von Anfang an zum Vorteil: Aufgrund der ehemaligen Standortnutzung als Ausgangspunkt für Schifahrten ist die Brauerei samt Bier Alp ganzjährig auch bequem mit dem Auto erreichbar und verfügt über ausreichend Autostellplätze. Bei Einkehr wird die zu entrichtende Parkgebühr gutgeschrieben. Mittlerweile macht der Anteil jener Gäste, die ausschließlich zum Essen kommen, schon mehr als die Hälfte aus, sagt Göhl: „Wir legen ganz viel Wert auf die Bewirtung der Einheimischen aus den umliegenden Dörfern und sehen uns in erster Linie als Lokal für die Bevölkerung.“
Highlight im Sommer ist freilich der wind- und sonnengeschützte Biergarten, von dem aus man durch große Schaufenster das Treiben in der Brauerei beobachten kann. Jeden Freitag kann die Brauerei im Rahmen einer Führung auch besucht werden. Durch die Kombination von Brauerei und Gastbetrieb hebt sich die Bier Alp deutlich vom Mitbewerb ab, betont Inhaber Göhl: „Dieses Paket kann im Allgäu sonst keiner bieten.“ Von Mai bis Oktober wird außerdem donnerstags zünftig gefeiert. Beim Grill-Abend mit Live-Musik „geht es zu wie beim Oktoberfest“, schildert der Alp-Besitzer.
Kleine Karte, hoher Anspruch
Mit der Umstellung auf einen Ganzjahresbetrieb erweiterte Göhl die Speisekarte um warme Speisen. „Unser Angebot ist zwar nach wie vor überschaubar, dafür legen wir großen Wert auf die Zubereitung“, so Göhl: „Wir bieten lieber weniger und das dafür in bester Qualität.“ Die Speisekarte beinhaltet regionale Hausmannskost sowie die vollmundigen BernardiBräu-
Bierspezialitäten. „Wir sind eher fleischlastig unterwegs. Das resultiert aus unserem Bierschwerpunkt: Der Hopfensaft mit seinem starken Eigengeschmack braucht ein gehaltvolles Essen als Pendant“, erklärt Göhl, der in Spitzenzeiten auch schon mal selbst die Kochschürze anlegt.
Ob die eigens angesetzten Braten-
saucen, die statt mit Wasser mit Bier aufgegossen werden, die mit Bier verfeinerten Salat-Dressings oder das dekorative Knuspermalz – die Bier-Spezialitäten werden nicht nur pur ausgeschenkt, sie sind ebenso fixe Zutat vieler Speisen. Für absolute Aficionados lockt übrigens ein Bier-Eis mit hausgemachtem Bernardi-
Bierlikör on Top. „Bei uns steht das Bier in ständiger Kommunikation mit dem Essen“, lacht Göhl und fügt hinzu: „Und das Handwerk steht wie in der Braumanufaktur auch in der Küche an oberster Stelle.“ So sind beispielsweise alle Teigbeilagen und Suppeneinlagen, wie Brät-Knödel und Dinkel-Kräuter-Flädle, oder die vegetarischen Bier-Nudeln hausgemacht.
Abgesehen vom À-la-Carte-Angebot sind drei Wochentage kulinarischen Themen zugeordnet. Mittwochs lautet das Motto „Bier & Käse“ mit Allgäuer Kässpatzen und Käspressknödeln, donnerstags heißt es „Bier & Tier“ mit Spareribs, Grillhähnchen oder Steckerl-
fisch, freitags ist Burger-Tag mit dreierlei Varianten und samstags steht ein Weißwurstfrühstück am Programm. „Wir sind sehr bekannt für unsere Grillereien – besonders für die Gockelhähne, die wir von KRÖSWANG beziehen. Die sind besonders beliebt“, so Göhl. Im Winter veranstaltet die Bier Alp außerdem Fünf-Gang-Biermenüs, die der Chef persönlich mit wissenswerten Geschichten zum Bier begleitet.
Selbst Bier-Cocktails hat sich Göhl einfallen lassen: AperolBier, Weizenbier mit Apfel-Rosen-Saft, Märzenbier mit Rum, Cola und Limetten sowie Bockbier mit Blutorangenlimo.
„DAS PAKET AUS BRAUEREI UND GASTBETRIEB KANN IM ALLGÄU KEINER BIETEN.“ (Bernhard & Petra Göhl, Bernadibräu/Bier Alp, Rettenberg)
Gmietlicher Stadl
Das alles rahmt der typische Charme einer Allgäuer Alpe. „Wir haben mit dieser Almhütte einen würdigen Genussrahmen für unsere vollmundigen Spezialbiere geschaffen – einen gmietlichen Stadl“, freut sich Göhl. Im Gastraum wurde viel Altholz verbaut, was den Räumlichkeiten ein gemütliches Ambiente verleiht. Die Bier-Thematik greifen darüber hinaus dekorative Einzelstücke wie ein mit Bierflaschen bestückter riesiger Kronleuchter sowie ein 1.000-Liter-Bierfass auf, um das Hocker mit Lederhose oder Dirndl stehen. „Mir ist wichtig, dass es einen roten Faden gibt, der sich durch alle Bereiche durchzieht und uns eine unverkennbare Handschrift verleiht“, betont der Bier Alp-Inhaber.