Lokalrunde

Importwunder

Wu Xun Ou spannt seit über drei Jahrzehnten im Tiroler Inntal gastronomisch erfolgreich den Bogen zwischen zwei Kulturen: Zuerst als Restaurantbesitzer und seit über fünf Jahren als Inhaber des Hotels dasMEI.

Ich bin mittlerweile mehr Tiroler als Chinese“, lacht Wu Xun Ou, der Besitzer des Hotels dasMEI in der Tiroler Gemeinde Mutters. Ou lebt mit seiner Familie seit über 30 Jahren in Tirol und hat es geschafft, sich dort als Gastronomie-Unternehmer erfolgreich zu etablieren. Dass er, der als Kind mit seiner Familie Ende der 1980er-Jahre von Shanghai nach Österreich ausgewandert ist, einmal einem alten Tiroler Traditionsbetrieb neues Leben einhauchen würde, war so nie geplant. Doch als Wu Xun Ou die Chance dazu bekam, fackelte er nicht lange und stürzte sich in ein neues Abenteuer. Im erfolgreichen Umwandeln von regionalen Gastrobetrieben kannte er sich jedenfalls schon aus: Sein Restaurant Mandarin in Schwaz war davor ein klassisches Gasthaus mit dem etwas einfallslosen Namen Grüner Baum. Nach seiner Übernahme entwickelte es sich erfolgreich zum beliebten Treffpunkt für Liebhaber der asiatischen Küche. Heute ist es verpachtet.

Tiroler Traditionsbetrieb

Wu Xun Ous Hotelanlage an der Ortsgrenze von Mutters gründet auf einem 100 Jahre alten Tiroler Traditionsbetrieb. Er war vor der Übernahme durch Wu fünf Jahre leer gestanden – trotz einmaliger Panoramalage. „Die Zukunft des Hauses stand lang auf der Kippe. Die damaligen Inhaber gingen in Pension und keiner der Nachfolger wollte weitermachen“, erinnert sich Wu Xun Ou: „Dann kam der Bürgermeister von Mutters auf mich zu und fragte mich. Mir hat der Standort sofort sehr gut gefallen.“ Die anfänglichen Pläne, das Haus lediglich zu revitalisieren und unter gleichem Namen als Pension weiterzuführen, wurden immer größer, erzählt der Austro-Chinese: „Schließlich sind wir bei einem Vier-Sterne-Hotelbetrieb gelandet.“ Kein Stein blieb auf dem anderen. Der original Muttererhof wurde zwar belassen und revitalisiert, doch um einen riesengroßen Gebäudekomplex samt Tiefgarage erweitert. Auf der gesamten Grundfläche von rund 4.000 m² schuf die chinesische Familie eine moderne, funktionell geplante Beherbergungsstätte bestehend aus Vier-Stern-Hotel mit 44 Zimmern und Pension mit 20 Betten. On top kam noch eine 100 m² große Ferienwohnung dazu. Insgesamt kommt das Hotel auf 140 Betten. Ein À-la-carte-Restaurant, eine Bar, ein 180 m² großer Veranstaltungssaal, ein Seminarraum für bis zu 15 Teilnehmer sowie ein Spa runden das Angebot ab. Das Spa mit finnischer Sauna, Dampfbad, Infrarotkabine und Zirben-Ruheraum steht gegen Aufpreis auch Pensionsgästen sowie externen Besuchern offen.

Selbst wenn heute alles rund läuft, war es anfangs ein großes Abenteuer und eine schwierige Zeit, blickt Wu Xun Ou zurück: „Ein Restaurant zu betreiben und ein Hotel zu leiten – das sind zwei Paar verschiedene Schuhe. Das hätte ich mir nie gedacht.“ Trotz anfänglicher Schwierigkeiten hat der Austro-Chinese eines nie verloren: die Freude an der Arbeit.

Nordkette im Blick

Mit Erweiterung des ursprünglichen Konzeptes wurde auch der alte Name obsolet. „Er hat irgendwann nicht mehr zu unseren Plänen gepasst“, sagt Wu Xun Ou. So wurde der Muttererhof in dasMEI umbenannt. MEI ist der Name von Wu Xun Ous Frau und bedeutet aus dem Chinesischen übersetzt Schönheit. Seinem Namen ganz besonders gerecht wird die Lage des Hauses auf einem leicht bewaldeten Hang oberhalb von Mutters: Die Hotelgäste genießen vom Balkon ihrer Zimmer einen traumhaften Blick auf die beeindruckende Innsbrucker Nordkette. Restaurantbesuchern bietet sich der gleiche Blick von der Sonnenterrasse aus. Das À-la-carte-Restaurant ist auch für externe Gäste geöffnet. Besonders beliebt ist der Sonntagsbrunch. Die Hotelgäste buchen grundsätzlich Zimmer mit Frühstück, können aber optional Halbpension bestellen. Das dasMEI-Restaurant bietet eine Symbiose aus asiatischer und europäischer Küche. Das Menü mit Speisen wie Wiener Schnitzel vom Tiroler Milchkalb und Tiroler Schlutzkrapfen neben Pad Prik Gai oder Ta-Taki vom Thunfisch im Sesammantel ist ein plakativer Beweis für die unkomplizierte Verbindung der Tiroler und asiatischen Kultur nach dem Motto „east meets west“.

Trotz chinesischem Hotel-Namen und Eigentümerfamilie ist dasMEI kein chinesisches Hotel, betont Wu Xun Ou. Ein klassisches Tiroler Hotel sei es aber auch nicht. Während sich die Architektur des Hauses sehr geradlinig und modern präsentiert und sich unaufgeregt in die Umgebung einschmiegt, bestimmt dennoch ein warmer, gemütlicher Alpin-Stil weitgehend das Interiordesign. Klassische Motive aus der Bergwelt sowie viel Holz sind bestimmende Gestaltungselemente, dazwischen mischen sich dezent Elemente aus der chinesischen Kultur speziell hinsichtlich der Farbgebung. „Wir können unsere Herkunft nicht verleugnen. Auch wenn wir hier mittlerweile sehr gut eingebürgert sind, erkennt man schon allein optisch unsere Wurzeln“, lacht der Hoteldirektor. Diese seien auch nie Hindernis gewesen: „Wir wurden überall willkommen geheißen, nie benachteiligt und hatten nie Probleme mit dem Kulturunterschied – auch weil wir uns gut in die österreichische Kultur hineingelebt haben.“ So funktioniert auch die Zusammenarbeit mit den einheimischen Mitarbeitern reibungslos: „Durch unser Hotel haben wir vor rund fünf Jahren nicht nur neue Arbeitsplätze in der Gemeinde geschaffen, sondern auch das gastronomische Angebot erweitert. Das schätzen die Menschen in der Region.“

Ganzjahresbetrieb

Aufgrund der Nähe zur Tiroler Landeshauptstadt nächtigen viele Stadtbesucher im dasMEI. „Viele wollen zwar die Stadt besichtigen, aber am Land wohnen“, so der Hoteldirektor. Vom Innsbrucker Zentrum zum Hotel sind es nicht einmal zehn Autominuten. Auf eine bestimmte Zielgruppe festlegen möchte sich Wu Xun Ou aber nicht: „Wir sind für alle da. Unsere Gäste sind bunt gemischt. Wir haben 365 Tage im Jahr offen und beherbergen somit klassische Saisonurlauber genauso wie Busgruppen und Business-Reisende.“ Die Einheimischen hingegen nutzen das Hotel gern für allerlei familiäre Feierlichkeiten, insbesondere Hochzeiten. Scheint so, dass Gastronom Wu Xun Ou und seine Familie beim Konzept für ihr Hotel wirklich alles bedacht haben.

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