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Jausen Ikone

Josef Wojnar ist schon vor fast hundert Jahren das Kunststück gelungen, mit seiner Feinkost den Geschmack Österreichs zu treffen. Seitdem ist in dem Familienbetrieb viel passiert. Doch geschmacklich sind Aufstriche und Gabelbissen unverfälscht geblieben und gehören noch heute zu den beliebtesten Jausen-Klassikern des Landes.

Er ist aus der österreichischen Kulinarik nicht wegzudenken und der wohl beliebteste unter den pikanten Brotaufstrichen: der Liptauer. Dabei ist für Experten ganz wichtig, dass sich als Liptauer nur jene Aufstriche bezeichnen dürfen, die mit echter Butter hergestellt werden. Wird Margarine verwendet, dann ist’s nur ein liptauerartiger Aufstrich.

Die feine, cremige Komposition aus den Grundzutaten Topfen, Butter und Paprika wird in verschiedensten Varianten hergestellt, die von ihrer Schärfeausrichtung von mild bis würzig reichen. Manch einer fügt nachträglich zusätzlich Kapern hinzu oder auch Essiggurkerln, um dem klassischen Brotaufstrich eine individuelle Note zu verpassen. Maßgeblich geprägt hat seinen heute originaltypischen Grundgeschmack aber ein Wiener Familienunternehmen. Die Rede ist vom Feinkostspezialisten Wojnar’s, dessen Liptauer seit über neun Jahrzehnten Aushängeschild für die eigene Unternehmensphilosophie ist. 

Dabei ist der Pikante längst seinem Brotaufstrich-Dasein entwachsen. „Was viele nicht wissen – er ist vielseitig einsetzbar“, betont Wojnar’s-Geschäftsführer Wolfgang Pesta. Eine Möglichkeit ist beispielsweise, ihn in Rindfleisch-Patties zu mischen: Scharfer Liptauer kommt zum Faschierten gemeinsam mit gerösteten und fein gehackten Pinienkernen, geriebener Zitronenschale, fein gehacktem Knoblauch, Salz und Pfeffer. Oder man fügt ihn gemeinsam mit Parmesan ins Risotto und befüllt damit Paprikahälften. Besonders gut lässt sich der Aufstrich außerdem mit Blätterteig kombinieren: Einfach Liptauer auf den Blätterteig streichen und beliebig mit anderen Zutaten wie Käse und/oder Schinken belegen, den Teig dann einrollen und ab in den Backofen. Fertig ist ein warmer, knuspriger Snack, der schnell und einfach in der Herstellung ist. Auf gleiche Art verwendbar sind übrigens auch die Tramezzini-Aufstriche von Wojnar’s.

 

„VIELE WISSEN GAR NICHT, WIE VIELSEITIG LIPTAUER EINSETZBAR IST – ETWA IN RINDFLEISCH-PATTIES.“(WOLFGANG PESTA, GESCHÄFTSFÜHRER, WOJNAR’S, WIEN)

Stärke Produktentwicklung

Ähnlich vielseitig ist der Frühlingskäse, ein weiterer Aufstrich-Hit aus dem Hause Wojnar’s. Der Margarinestreichkäse mit 63 % Topfenanteil ist, wie sein Name schon verrät, im Vergleich zum Liptauer die leichte Variante eines Topfenaufstrichs. Neben diesen Klassikern punktet Wojnar’s darüber hinaus mit vielen neuen Produkten, bei deren Entstehung auch die Kunden einbezogen werden. „Die Entwicklung kundenspezifischer Produkte ist eine unserer Stärken“, erklärt dazu Pesta und ergänzt: „Egal, ob typisch wienerisch oder orientalisch – wir können die ganze Bandbreite an Geschmäckern abdecken – und das in einer sehr hohen Qualität.“ Ein Garant dafür ist laut Pesta „die starke Integration von vorgelagerten Prozessen“. Soll heißen: Wojnar’s produziert viele seiner Zutaten nach wie vor im eigenen Haus. So wird beispielsweise das Essiggemüse, das Aufstrichen und Salaten eine pikante Note verleiht, selbst eingelegt. Auch Saucen wie die Mayonnaise, die Basis vieler Salate oder auch der Tramezzini Delikatessaufstriche ist, bereitet Wojnar’s selbst zu. Das Gemüse, das vorwiegend aus Österreich stammt, wird frisch angeliefert und erst im Haus den Produkten entsprechend zerkleinert und weiterverarbeitet. Auch die Eier – rund 14 Millionen Stück pro Jahr – kommen roh an.

Bescheidener Beginn

Bei den täglichen Produktionsmengen im zweistelligen Tonnenbereich ist kaum zu glauben, dass alles einmal ganz klein begann. Der heutige Lebensmittelbetrieb geht auf Josef Wojnar zurück, der mit seiner hausgemachten Feinkost ein Pionier in Sachen kochtechnischer Optimierung war. Der aus Linz stammende Käser und Molker verkaufte ab den 1930er Jahren in Wien frisch produzierte Aufstriche in Großpackungen  an Lebensmittelgeschäfte und Gastronomiebetriebe – anfangs noch aus dem Auto heraus. Mit großem Erfolg. „Der Firmengründer hatte eine Marktlücke erkannt und für damalige Verhältnisse eine Meisterleistung vollbracht. Er hatte es geschafft, ein typisch hausgemachtes Produkt tagesfrisch ohne Konservierungsstoffe in großen Gebinden herzustellen – in hoher Qualität und gutem, massentauglichem Geschmack – ganz ohne die heute zur Verfügung stehende Technik“, so Pesta respektvoll.

Wojnar’s Feinkost-Manufaktur wuchs rasant und brachte eine weitere Innovation auf den Markt: den Wiener Gabelbissen. Nach einem Urlaub in Frankreich kreierte Feinkost-Liebhaber Wojnar inspiriert von den französischen Terrinen einen mit Aspik überzogenen Gemüsesalat in feiner Mayonnaise, wahlweise belegt mit Eiern, Fisch oder Wurst und drapiert in einem kleinen runden Becher. Die feine Jause im Becher wurde zu einer Art Ikone unter den österreichischen Jausenartikeln und kann durchaus als eines der ersten Frische-Convenience-Produkte in diesem Segment bezeichnet werden. 1966 übergab der Firmengründer die Geschäfte an seinen Sohn, 1999 folgten dessen drei Töchter nach und mit ihnen eine Reihe an weiteren Produktinnovationen. Wojnar’s war in dieser Zeit Vorreiter-Unternehmen bei der Einführung von bio-veganen Produkten im Jausen-Segment sowie von Dreieck-Sandwiches. 2021 kam dann der nächste, konsequente Schritt in der Unternehmensentwicklung: Wojnar’s ist heute mit seinen 500 Mitarbeitern Teil der Linzer Lebensmittelgruppe Vivatis, unter deren Dach sich schon etliche namhafte österreichische Lebensmittelmarken zusammengefunden haben.

Heute reicht das Sortiment des nach wie vor in Wien beheimateten Unternehmens von Aufstrichen, Delikatessen und  Sandwiches über Salate bis hin zu Gastro-
nomie-, Feinkost- und Frische-Convenience-Produkten. Durchschnittlich produziert Wojnar’s 1.000 unterschiedliche Rezepturen pro Woche. „Viele Salate und Aufstriche ähneln sich in ihren Grundzutaten – wie etwa der Thunfischaufstrich und -salat, und dennoch hat jedes Produkt seine ganz eigene geschmackliche Ausrichtung und Konsistenz“, erklärt Pesta.

Die Produktionsanlage zählt zu den modernsten in Österreich. Mit 18 Abfüllanlagen können nicht nur verschiedene Portionsgrößen und Formate abgefüllt, sondern gleichzeitig auch die unterschiedlichsten Frischeanforderungen erfüllt werden. Pesta: „Die Herstellung von Aufstrichen und Salaten erscheint einfacher, als sie tatsächlich ist. Da steckt eine ausgeklügelte Produktionstechnik dahinter. Werden beispielsweise manche Zutaten zu lange gemischt, verlieren sie ihre Bissfestigkeit und werden zerquetscht. Das geht dann auf Kosten des Geschmackserlebnisses.“ Die ursprünglichen Rezepturen der altbekannten Produkte haben sich deshalb nicht geändert, wurden aber laufend an neue technische Standards und die modernen Ernährungsgewohnheiten der Konsumenten angepasst. Das Resultat: Weniger Fett in der Mayonnaise, eine Reduktion von Salz- und Zuckeranteil und eine feinere Gelatine bei den Gabelbissen. „Wir gehen mit der Zeit, bleiben aber den Wurzeln treu. Am traditionellen Geschmack, der insbesondere bei den Klassikern seit Jahrzehnten State of the Art ist, ändert das freilich nichts“, betont Pesta.

„UNSER GESCHMACK IST SEIT JAHRZEHNTEN STATE OF THE ART. DARAN WIRD SICH NICHTS ÄNDERN.“ (WOLFGANG PESTA, GESCHÄFTSFÜHRER, WOJNAR’S, WIEN)

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