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Kammer Duett

Im malerischen Innviertel haben zwei Junge Gastronomen mit ihrer Kammer5 auf Anhieb eine Haubeninstitution geschaffen. Zu verdanken haben sie das ausgerechnet einem Blasmusik-Festival.

Leitner Gut, alles gut“, lautet das Motto einer der coolsten Event- und Gastronomielocations Oberösterreichs. Sie befindet sich in einem fast 300 Jahre alten Vierkanter im Herzen des malerischen Innviertels. Umgeben von Wiesen, Feldern und kleinen Wäldchen war der Hof heuer bereits zum elften Mal Austragungsort für das „Woodstock der Blasmusik“, ein internationales Festival für Blasmusik-Freunde. Seit letztem Jahr ist das historische Gebäude in Ort im Innkreis um eine weitere Attraktion reicher: die Kammer5, das wahrscheinlich erste Drei-Hauben-Lokal in einem ehemaligen Kuhstall.

Innerhalb eines Jahres nach Eröffnung mit drei Hauben gekrönt zu werden, hatte Küchenchef und Kammer5-Gründer Wolfgang Wohlschlager weder geplant noch vorhergesehen. Es hat sich ergeben, meint er: „Ich bin eher der Bodenständige, der sagt, machen wir mal. Unser Küchenteam ist sehr motiviert und hat mit seinen Ideen und seinem Engagement das Niveau von Mal zu Mal gesteigert.“ Nach beruflichen Stationen in Tophäusern wie dem Hotel Palace in Luzern, im Gstaad Palace und im Sporthotel Lorünser in Zürs am Arlberg genießt Wohlschlager es aber trotzdem, nun selbst eine heiße Adresse für erlesenen Genuss geschaffen zu haben. Der dadurch erhöhte Stress-Level stört ihn nicht – im Gegenteil: „Der gehört zum Beruf. Mir taugt das“, lacht der Innviertler, der von sich sagt‚ „vor Mut zu kochen“. Dabei wird in der Kammer5 laut Wohlschlager nichts neu erfunden, sondern das Althergebrachte auf ein hohes Qualitätsniveau gehoben und da und dort neu interpretiert. Mit anderen Worten: Bodenständig Innviertlerisches mit französischem Touch. Bestes Beispiel dafür, das Innviertler Surf & Turf: Beste heimische Garnelen auf ausgelöstem Ripperl-Fleisch vom oberösterreichischen Duroc Schwein, begleitet von feinem Mangosalat. „Wir wissen, woher unsere Lieferanten kommen, und wir wissen, woher wir kommen – so weiß auch jeder, was er bekommt“, bringt es der Haubenkoch auf den Punkt. Dieser Klarheit ist es auch zu verdanken, dass das Projekt Kammer5 am Leitner Gut überhaupt realisiert wurde und als Newcomer kulinarisch reüssiert.

Zack-Prack-Entscheidung

Genau genommen begann alles vor einigen Jahren im Fünf-Sterne-Betrieb Schloss Fuschl, erzählt Wohlschlager. Dort lernte er seinen Gastro-Partner Michael Enkner kennen, der heute für den Service-Part in der Kammer5 verantwortlich zeichnet. Obwohl sich ihre beruflichen Wege wieder trennten, führte sie die Freundschaft letztlich in der gemeinsamen Heimat wieder zusammen: „Wir haben schnell gemerkt, dass wir selbst etwas aufziehen müssen, wenn wir es auf unsere Art machen wollen“, erzählt der Küchenchef und lacht: „Wir hatten viele Ideen – und die meisten davon bald wieder verworfen.“ Als schließlich ein 20 Sitzplätze großes Lokal in Ried im Innkreis gefunden und fertig geplant war, tauchte das Leitner Gut wie aus dem Nichts auf. Simon Ertl, der Veranstalter des Woodstock Festivals der Blasmusik, war auf der Suche nach einem Koch für Caterings vor Ort und lud Wohlschlager und Enkner zur Besichtigung ein. „Ich war davor viele Jahre auf Saison, hab also weder den Ort noch das Festival gekannt“, so Wohlschlager, der kam, sah und letztlich zusagte. „Als wir das Ziegelgewölbe und die Granitsäulen gesehen haben, wussten wir, da geht mehr. Dann ging alles zack-prack. Noch am selben Tag kam von uns der Vorschlag, aus dem Kuhstall ein Restaurant zu machen. Zwei Stunden später kam die Zusage. Zwei Tage später waren wir beim Notar und haben die GmbH gegründet und weitere zwei Tage danach haben wir bereits mit den Planungen begonnen“, blickt Wohlschlager noch immer voller Freude zurück: „Geil, dass wir das gemacht haben.“ Küche und Gasträume – alles wurde gemeinsam mit einem Innenarchitekten entworfen: „Wir haben jedes Material und Einrichtungsdetail getestet, angeschaut und ausgesucht. Ich bin sogar selbst mit dem Rollmaßband herumgerannt, um genau auszumessen, wo was am besten hinkommt.“ Der Vierkanter wurde schließlich generalsaniert und öffnete nach nur einjähriger Umbauphase im Jahr 2021 als ganzjährig bespielbarer Gastro-Hotspot seine Pforten.

„ALS WIR GEWÖLBE UND SÄULEN GESEHEN HABEN, WAR KLAR. DA GEHT MEHR.“ (WOLFGANG WOHLSCHLAGER, KÜCHENSCHEF 6 GASTRONOM, KAMMER5, RIED/INNKREIS)

Trumpf Vielseitigkeit

Der über 250 Jahre alte Stadel des Gutshofs mit imposantem, hölzernem Dachstuhl wurde zur Eventhalle für Feiern mit bis zu 250 Sitzplätzen, der „Woodstock-Stadel“ mit einer Kapazität von bis zu 500 Personen nach altem Vorbild neu erbaut. In den ehemaligen Kuhstall zog das Herzstück der Location, das Fine-Dining-Restaurant mit Show-Küche und Platz für maximal 26 Personen. Die historischen Strukturen des Stalls blieben dabei unverändert erhalten und kommen heute durch den geradlinigen und schnörkellosen Einrichtungsstil besonders gut zur Geltung. In den Räumlichkeiten über dem Lokal entstand außerdem ein Seminarraum und zur Bewirtung der Festgäste eine zusätzliche Vorbereitungsküche. „So bekommen auch die Cateringgäste Gerichte vom Haubenkoch serviert“, lacht Wohlschlager, der von vier ausgelernten Köchen und zwei Lehrlingen unterstützt wird: „Ein Bomben-Team, mit dem ich gesegnet bin“, meint er und deshalb ist es für ihn selbstverständlich, in der Küche selbst „zu machen, was geht“. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Saucen. Sie werden klassisch französisch über vier Tage angesetzt. Dafür kommen auch die Knochen von Kleinetieren wie Geflügel sowie heimischem Wild zur Verwendung. „Wo sinnvoll und möglich, setzen wir auf Nose-to-Tail“, betont Wohlschlager, dessen kulinarisches Spektrum den ganzen Kosmos zwischen fein gearbeiteten Pralinen und klassischem Wildgulasch abdeckt.

Wer seine Kreationen kosten möchte, kann das in der Zeit von September bis Juni zwischen Donnerstag und Sonntag. Mit Reservierung gibt es dann ein Sechs-Gänge-Menü, mit Weinbegleitung oder hausgemachten antialkoholischen Getränkekreationen. Das Menü wechselt dabei im Sechs- bis Acht-Wochen-Rhythmus. Und in den Sommermonaten heißt es von Sonntag bis Mittwoch: „Drill the Grill“. Auf der idyllischen Innenhof-Terrasse des Vierkanters glühen dann die Kohlen für bis zu 35 Gäste, die aus einer  Vitrine ihr bevorzugtes Stück Fleisch oder Fisch auswählen können. Vom zwei Kilo schweren Porterhouse-Steak bis über die 300-Gramm-Forelle mit Salzkruste ist alles dabei, was das Herz begehrt – Vor- und Nachspeise inklusive.

Ein genauso schönes Konzept haben sich Wohlschlager und Enkner für den großen Leitner Stadel überlegt. Hier bewirten sie die 250 Gäste auf runden Tischen für jeweils 10 Personen. „Wir haben dafür extra drehbare Wagenräder anfertigen lassen, in die spezielle Porzellaneinsätze eingepasst sind, in denen die Gerichte serviert werden. Die Gäste können sich so à la Family-Style-Dining selbst bedienen,“ erklärt der Kammer5-Chef und reimt lachend: „Nicht lange am Buffet stehen, einfach nur das Radl drehen.“

Auch für das Team eine echte Erleichterung. Denn aufgrund der vielfältigen Räumlichkeiten können am Leitner Gut Feiern mit bis zu 2.800 Personen stattfinden. Bestes Beispiel dafür ist das Woodstock der Blasmusik, bei dem das gesamte Guts-Areal bespielt wird. Das Küchenteam schupft dann das gesamte Crewcatering mit rund 1.000 Portionen pro Tag und zusätzlich wird die Kammer5 zur „Genusskammer“, in der sich Sponsoren und VIPs treffen. Mega geht für Wohlschlager, Enkner und ihr Team also genauso wie mini. Drive, Einfallsreichtum und Mut zum Großprojekt sei Dank! 

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