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Kreis Wert

Ja, das App-basierte Leihsystem des Münchner Start-ups Relevo kostet was. Doch das To-go-Geschirr vereint auch Nachhaltigkeit mit Kundenbindung und zeigt, wie einfach Kreislaufwirtschaft in der Gastro funktionieren kann.

Für viele Restaurants und Gasthäuser ist das Take-away-Geschäft in den letzten zwei Jahren ein zweites und wichtiges Standbein geworden. Wäre da nicht das unangenehme Thema mit dem Verpackungsmüll, der dadurch ebenso zugenommen hat. Der teilweise Umstieg auf Einwegverpackungen aus Karton hat zwar zur Reduzierung des Einwegplastikanteils beigetragen, dennoch landen auch sie letztlich im Müll und werden nicht immer recycelt. In Deutschland ist deshalb bereits der Gesetzgeber aktiv geworden: Seit Jahresbeginn müssen Gastronomen im ­Take-away-Geschäft verpflichtend zusätzlich zu Einwegverpackung aus Kunststoff oder mit einem Kunststoffanteil eine Mehrwegalternative anbieten.

Dass Mehrweg eine Win-win-win-Situation für Umwelt, Gastronomen und Verbraucher sein kann, beweist das Münchner Start-up Relevo bereits seit fast drei Jahren mit seinem App-­basierten Geschirr-Verleihsystem. Der Vorgang ist denkbar einfach: Jedes Take-away-Geschirr ist mit einem QR-Code versehen, der bei Abholung der Essensbestellung mittels Handy gescannt wird. Nach dem Verzehr kann das Geschirr bei jedem Relevo-Partnerbetrieb zurückgegeben werden. Durch erneutes Scannen eines Rückgabeschildes wird die Ausleihe abgeschlossen.

Ob Restaurant, Café, Kantine, Caterer oder Gemeinschaftsverpflegung – die umweltfreundliche Lösung ist für Gastronomiepartner aller Betriebsarten geeignet. Entsprechend umfassend ist die Verpackungsauswahl, die wärmehaltendes Geschirr aus Kunststoff (SAN) und Glas in verschiedenen Varianten und Größen umfasst. Selbst Pizza-, Burger- und Sushi-Boxen aus Polypropylen gibt es mittlerweile im Relevo-System.

Die Zusammenarbeit mit Relevo funktioniert als Pay-per-Use-System. Soll heißen: Leihe und Rückgabe werden mittels App getrackt und am Ende bezahlt der Relevo-Partnerbetrieb per Monatsrechnung jedes tatsächlich verliehene Geschirr. Ein auslaufsicherer Cup beispielsweise kommt auf 15 Cent, eine Bowl auf 25 Cent. Der Mindestumsatz beträgt 10 Euro pro Monat. „Das sind mindestens zwei Ausleihen pro Tag“, sagt Relevo-Mitgründer Matthias Potthast.

Der Gastronom wählt zum Start für einen Probezeitraum von zwei Monaten aus einem von vier Paketen seine benötigte Anzahl an Mehrweggeschirr aus. Bei 25 Geschirrsets bestehend aus Schale oder Becher inklusive Deckel kommt die Ausleih-Rate für zwei Monate auf 99 Euro, bei 200 Sets auf 499 Euro. Im Preis enthalten sind die Lieferung des Geschirrs, das technische Set-up, Marketing- und Schulungsmaterialien, ein persönlicher Kundenservice sowie alle Ausleihen der ersten zwei Monate. Bei starker Frequenz können jederzeit kostenfrei zusätzliche Geschirrteile nachgeliefert werden.  Besteht kein Interesse an einer weiteren Partnerschaft, kann monatlich gekündigt werden. „Schon mit dem kleinsten Paket können bis zu 150 Einwegverpackungen pro Monat eingespart werden“, streicht Potthast hervor.

Das Mehrweggeschirr wird wie normales Geschirr in der Industriespülmaschine gereinigt. Die Pizza-Schachtel kann zur besseren Reinigung sogar in Ober- und Unterteil getrennt werden. Die stapelbaren Relevo-Produkte sind bis zu 1.000 Mal wiederverwendbar, bruch- und kratzfest und sowohl mikrowellen- als auch gefrierfachgeeignet. Für manche ebenso wichtig: Das in Deutschland produzierte Geschirr ist BPA- und schadstofffrei, ohne Weichmacher oder Melamin und kann zu 100 Prozent recyclet werden.

Außerdem können Gastronomen das Relevo-Geschirr branden. Man müsse Potthast zufolge dann allerdings im Blick haben, dass das Geschirr nicht mehr in anderen Partnerbetrieben retourniert werden könne: „Gibt es nur einen Betrieb, in dem das Geschirr zirkuliert, dann ist das durchaus eine Option.“ Eine Alternative zum Branden ist das Private Labeling, soll heißen, Gastronomen können individuelles Geschirr in das System implementieren. „Wir bestehen nicht auf unsere Ware. Der QR-Code-Sticker klebt dann halt auf dem jeweiligen Produkt des Gastronomen“, betont Potthast und liefert zwei Beispiele: „Die auf kalifornisch-mexikanische Küche spezialisierte Restaurant-Kette Sausalitos nutzt einen speziellen 0,5-Liter-Becher, die Studierendenwerk-Mensen in Deutschland verwenden ein Weck-Glas mit unserem System.“

„SCHON MIT DEM KLEINSTEN PAKET KÖNNEN BIS ZU 150 EINWEGVERPACKUNGEN PRO MONAT EINGESPART WERDEN.“ (MATTHIAS POTTHAST, MITGRÜNDER, RELEVO GMBH, MÜNCHEN)

Aktives Kreislaufmanagement

Für die Endverbraucher ist die Ausleihe kostenfrei. Um das Mehrwegsystem nutzen zu können, muss ausschließlich die kostenlose Relevo-App aufs Handy geladen werden. Das Geschirr ist in einem Zeitraum von zwei Wochen zu retournieren. Über die App sind alle Rückgabestellen ersichtlich. „Bei nicht rechtzeitig retournierten Geschirrteilen wird der Verwender zuerst via App erinnert“, erklärt Potthast: „Wird das Geschirrteil trotz Erinnerung nicht zurückgebracht, wandert es ins Eigentum des Ausleihers und eine Klimagebühr wird fällig. Das Geschirr wird dann bei unserem Kunden ausgebucht.“ Es besteht jedoch die Option, die Ausleihfrist einmalig um fünf Tage pro Ausleihe zu verlängern. Die Erfahrung hat allerdings gezeigt, dass Derartiges nur äußerst selten genutzt wird, denn, so Potthast: „Nach nur 2,5 Jahren und nunmehr gut 2.500 Partnern in mehr als 500 deutschen Städten liegt die Rückgabequote von Relevo-Mehrweggeschirr bei beeindruckenden 99 % und die Ausleihdauer bei weniger als vier Tagen.“

Die hohe Akzeptanz des Systems liegt nicht zuletzt an seiner Einfachheit, ist Potthast überzeugt: „Es ist kostenlos, leicht verständlich und funktioniert über geläufige und allgemein akzeptierte App-Prozesse.“ Das kommt freilich auch den Gastronomen zugute, die das Relevo-System ohne Aufwand in bestehende gastronomische Prozesse integrieren können: „Für viele Unternehmen ist die Scanlösung per QR-Code das Highlight. Ein Pfandsystem wäre vielerorts nicht umsetzbar beziehungsweise vom Aufwand her nicht oder nur schwer zu bewerkstelligen.“

Die App ermöglicht obendrein ein einfaches Suchen und Finden von Relevo-Partnern. Über verschiedene Filteroptionen kann nach Entfernung, Speisen und Küchen sortiert werden. Über den „Tipp der Woche“ können Gastronomen, die mit Relevo zusammenarbeiten, außerdem ihren Betrieb bewerben. Ebenso werden neugewonnene Partner hervorgehoben und Nutzer inspiriert, neue Relevo-Locations im Umkreis auszuprobieren. Wird keine App-Lösung gewünscht, bietet Relevo alternativ eine Offline-Lösung oder eine Automatenlösung für die Aus- und Rückgabe an.

„DURCH RELEVO ENTSTEHT EINE TOLLE KUNDENBINDUNG, DIE MIT EINWEGGESCHIRR SO NICHT MÖGLICH WÄRE.“ (ELSA DELLA NEGRA, INHABERIN, CAFÉ53, HAMBURG)

Höhere Kundenbindung

Generell gilt: Gibt es viele Relevo-Partnerbetriebe in einer Stadt, kann das Mehrweggeschirr besser zirkulieren. „Je höher die Rückgabequote und je kürzer die Ausleihdauer pro Geschirrteil und je mehr Gastronomen einer Stadt die digitale Mehrweglösung nutzen, desto nachhaltiger und einfacher wird unser Konzept für alle Beteiligten“, betont Potthast und nennt zwei Vorzeige-Städte: „In Hamburg sind es bereits über 200 Partner, in München haben sich bereits über 250 Wirte Relevo angeschlossen.“

Viele Abgabestellen an einem Ort zu haben, ist aber nicht zwangsläufig von Vorteil, ergänzt der Relevo-Mitgründer: „Ausschlaggebend für uns ist die Rückgabequote am jeweiligen Standort und da sehen wir, dass 80 – 90 % der Ausleihen dort zurückgegeben werden, wo sie ausgeliehen wurden. Diese Zahlen sprechen dafür, dass unser System auch an Orten funktioniert, wo es gar keine oder nur wenige Abgabestellen gibt.“

Abgesehen davon nennt Relevo-Partnerin Elsa Della Negra, Inhaberin des Café53 in Hamburg, noch einen weiteren Vorteil: „Es entsteht eine tolle Kundenbindung, die mit Einweggeschirr so nicht möglich wäre.“ Ähnliches schildert auch Michael Jachan, der das Mehrwegsystem in seinem Münchner Wirtshaus Obacht Maxvorstadt einsetzt: „Die Gäste kommen immer wieder – und sei es nur, um die Behälter zurückzubringen. Viele nehmen dann auch gleich wieder was mit oder bleiben zum Essen.“

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