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Liftoff

Mon Dieu, jetzt ist es also auch im Mutterland der Haute Cuisine passiert! Frankreich hat sein erstes mit einem Guide-Michelin-Stern geadeltes, rein veganes Restaurant. Eine Eintagsfliege? Weit gefehlt. Veganes Fine Dining Hebt jetzt erst so richtig ab, denn immer mehr sind scharf darauf.

 

Claire Vallée hat mit ihrem Restaurant Ona in Arès, nahe Bordeaux, so etwas wie ein Exempel statuiert. Ein Exempel, was alles mit Mut, Durchsetzungswillen und dem richtigen Gespür für den Puls der Zeit möglich ist. Nachdem ihr 2013 die traditionellen Banken Frankreichs aufgrund mangelnder Erfolgschancen jegliche Unterstützung zur Eröffnung eines rein veganen Restaurants versagten, startete sie kurzerhand ein Crowd-Funding für die Finanzierung. Die Rechnung ging auf, sie konnte ihr Restaurant realisieren und machte es mit viel Geschick, Können und Kreativität zu Frankreichs erster Adresse für veganes Fine Dining. Anfang 2021 verneigt sich auch der Guide Michelin vor der sympathischen Starköchin und verleiht dem Ona seinen ersten Stern.

Wertewandel

Frankreich ist nicht das einzige Land, in dem auf höchstem Niveau vegan gekocht wird. Die besten Küchenchefs Europas haben Geschmack daran gefunden und befeuern den Megatrend in ihren Häusern mit eigenen veganen Menüs. Vor ein paar Jahren noch wäre dieser Erfolgslauf undenkbar gewesen. Öko-Freaks, naive Weltverbesserer und sogar Spinner – was mussten sich überzeugte Veganer in der Vergangenheit nicht alles anhören. Doch das Blatt hat sich gewendet. Zum Guten. Wer auf tierische Produkte verzichten will, muss nicht länger aus der Beilagenkarte oder am Salatbuffet wählen, sondern wird endlich wie ein vollwertiger Gast behandelt. Die Pandemie und die damit verbundene intensivere Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung hat diesen Trend noch einmal an Dynamik gewinnen lassen. Heute ist die vegane Lebensweise in der breiten Gesellschaft angekommen, vom Schulkind bis zur Oma, vom Arbeiter bis zur Vorstandsvorsitzenden.

Radikal regional

Das weltweit erste vegane Sternerestaurant befindet sich in der deutschen Bankermetropole Frankfurt am Main, im schmalsten Haus der Stadt. Küchenchef und Miteigentümer Ricky Saward hat 2019 die bis dato „tierische“ Sterneküche komplett auf vegane Menüs umgestellt und mit diesem mutigen Schritt weder Gäste noch die begehrte Michelin-Auszeichnung verloren. Weit mehr als nur ein Achtungserfolg, zumal er eine Linie verfolgt, die als durchwegs radikal bezeichnet werden darf. „Wir verwenden ausschließlich saisonale, selbst angebaute oder frei gepflückte Produkte aus der Region.“  Wie steht er zu Sojaproteinen wie Seitan oder Tofu, die in der veganen Küche oft verwendet werden, um Farbe, Konsistenz und Geschmack von Fleisch zu imitieren? „Auf keinen Fall“, schüttelt Saward abwehrend den Kopf. „Ich bin ein Freund der ehrlichen, veganen und regionalen Küche und verzichte, auch aus Gründen der Nachhaltigkeit, auf Produkte aus Übersee.“

Statt nach Amerika fährt Saward sozusagen nur ums Eck nach Bad Homburg auf die Braumannswiesen, so heißt die drei Hektar große hauseigene Permakultur, wo er sich holt, was die Natur gerade herzugeben bereit ist. „Das Prinzip der Selbstversorgung macht für mich total Sinn. Wir verwenden alles, vom Samen bis zur Frucht, von der Wurzel bis zur Blüte. Was nicht gleich den Weg in unser Menü findet, wird fermentiert, eingelegt oder anders weiterverarbeitet. Nichts bleibt ungenutzt“, erzählt Saward nicht ohne Stolz. Mit der Umstellung auf die vegane Küche haben sich aber nicht nur die Gerichte, sondern auch die Kultur im Restaurant verändert. „Wir haben alles neu gedacht, die personelle Hierarchie, die starre Servicekultur und die fixen Menüstrukturen, kein Stein ist auf dem anderen geblieben. Das war wie ein Befreiungsschlag, jetzt stehen wieder der Spaß und eine neue Lässigkeit im Fokus, die uns alle im Restaurant sehr glücklich machen“, zeigt sich der vegane Sternekoch mit der Entwicklung zufrieden. „Ich bin kein Dogmatiker“, sagt er abschließend, „nenne es vegan oder nicht, unsere Küche kennt keine Labels, sie steht für etwas Neues, Aufregendes.“

Frische Ernte

Neu und aufregend verspricht für Veganer auch ein Besuch bei Andreas Caminada in Fürstenau im Kanton Graubünden zu werden. Nicht wie gewohnt in seiner Gourmet-Hochburg Schloss Schauenstein, sondern gleich gegenüber in der Remisa, wo er Ende Juni dieses Jahres das neue Oz eröffnete, sein erstes vegetarisches Restaurant, in dem auf Wunsch natürlich auch aufs Feinste vegan diniert werden kann. „Der Name Oz leitet sich vom rätoromanischen Wort für ‚heute‘ ab und drückt aus, was hier im Zentrum steht: eine hochstehende, zeitgemäße Küche, in der sich alles um Gemüse dreht“, erklärt Caminada.

Der schlosseigene Garten gibt bei der Kreation der Menüs den Takt vor. „Aber dafür musste er die letzten beiden Jahre erst einmal an Größe und Vielfalt zulegen“, lacht der gebürtige Bündner. „Wir wollen authentisch und nachhaltig sein. Da passt es nicht, das Gemüse einzukaufen. Das wäre nicht mein Ding.“ Also wurden die sorgsam bestückten Gemüse- und Kräuterbeete, Permakultur-Gewächshäuser und Obstwiesen von Schloss Schauenstein kräftig erweitert. „Wir mussten lernen, richtig zu gärtnern. Was wächst wie am besten und wann kann man wie viel ernten? Welche Fruchtfolge fördert den Boden? Jeder meiner Köche hat einmal die Woche Gartendienst“, klärt der Spitzenkoch auf.

Besonders engagiert bei der Sache ist Timo Fritsche, langjähriger Koch im Schloss und jetzt Küchenchef im neuen Oz. Der Norddeutsche kennt den Garten und all seine Pflanzen wie seine sprichwörtliche Hosentasche und beherrscht auch jene nützlichen Techniken, um das faszinierende Potenzial der vegetarischen Küche vollends auszuschöpfen. Frisch und roh, gekocht oder gegrillt, getrocknet oder gedörrt, eingelegt und fermentiert – für sein Eröffnungsmenü verarbeitete Fritsche Karotten, Auberginen, Staudensellerie, Zwiebeln, Kohlrabi, Kartoffeln, Paprika, Erbsen, grüne Erdbeeren, Pfirsich, Safran, Rhabarber, Kopfsalat, Fichtennadeln sowie Blütenhonig von den schlosseigenen Bienenvölkern.

Das Oz bietet zehn Personen Platz, die alle rund um einen großen Tresen sitzen, mit freiem Blick auf die Kochstation von Timo Fritsche. Je nach Erntesaison werden neun- bis zwölf-gängige vegetarische Menüs serviert. „Eier und Milchprodukte sind in der Bündner Esskultur tief verwurzelt“, sagt Caminada, „deswegen wollen wir nicht darauf verzichten. Aber natürlich heißen wir unsere veganen Gäste herzlich willkommen und bereiten ihre Menüs mit derselben Liebe, Kreativität und Qualität zu, wie man das von uns gewohnt ist.“

Weltoffen

In Kopenhagen ist die Erntesaison deutlich kürzer als jene in Fürstenau. Trotzdem ist auch hier, wo über viele Jahre die nordische Küche den Ton angegeben hat, der Trend zur veganen Hochküche deutlich spürbar. „Vor fünf Jahren war ich hier auf der Suche nach einem vegetarischen Restaurant auf Michelin-Niveau – Fehlanzeige. Also habe ich selbst eines eröffnet“, erzählt Henrik Yde-Andersen ganz pragmatisch. Der sympathische Däne ist Chef von insgesamt 20 Restaurants, darunter auch das legendäre Kopenhagener Kiin-Kiin, das einzige mit einem Guide-Michelin-Stern prämierte Thai-Restaurant außerhalb Thailands.

„Veve ist die dänische Abkürzung für vegetarische Weltküche, und dieser Name ist unser Programm“ gibt Yde-Andersen Einblick in die Menüzusammenstellung des gemütlichen Restaurants, das in einem 200 Jahre alten Lagerhaus im Kopenhagener Hafengebiet liegt. „Wir wollten uns aufgrund der klimatischen Bedingungen nicht ausschließlich an dänische Produkte binden. Die Winter sind lange und im Jänner und Februar ist so gut wie kein frisches heimisches Gemüse verfügbar.“ Viele Zutaten importiert man aus Spanien, wo die Kiin-Kiin-Gruppe in der Nähe von Alicante einen eigenen Bio-Bauernhof betreibt, auf dem Olivenöl, Mandeln und Wein angebaut werden. „Auch wenn wir Produkte aus wärmeren Regionen zukaufen müssen, folgen wir im Menü trotzdem hauptsächlich den heimischen Saisonen.“ Darauf achtet auch Küchenchef Mateus Silva, ein gebürtiger Portugiese, der die dänisch-thailändische Küche von Henrik Yde-Andersen ganz wunderbar mit mediterranen Aromen zu mischen versteht.

Die bis zu 30 Gäste im Veve werden zunächst in die Lounge gebeten, wo ihnen sechs Snacks serviert werden, bevor es schließlich zum Sechs-Gang-Dinner in die große, luxuriös eingerichtete Halle geht. „Wir sind keine Adresse für Gesundbeter, sondern für verwöhnte Feinschmecker“, gibt sich Yde-Andersen erfrischend ehrlich. Auch wenn das Restaurant grundsätzlich vegetarische Menüs anbietet, wird veganen Gästen höchste Aufmerksamkeit geschenkt und ein eigenes Menü frei von tierischen Produkten serviert. Und noch ein Detail wird alle Freunde des nachhaltigen Lebensstils freuen: „Wir achten auf zero foodwaste! Gerade in High-Class-Restaurants werden nach wie vor viele Lebensmittel verschwendet, weil man meist nur die Edelteile verwendet. Darum habe ich bei meinen Restaurants die sogenannte ‚Backdoor‘ eingeführt, eine Art Street Kitchen für alle, in der wir die übrig gebliebenen Teile sinnvoll verwenden und zum Mitnehmen anbieten.“

Kulinarische Königsliga

Die Küchenchef-Brüder Chris und Jeff Galvin haben in den letzten Jahrzehnten Stufe für Stufe Englands gastronomischen Thron erklommen. Mittlerweile sind es vier hoch dekorierte Galvin-Restaurants, die den Gourmets auf der Insel den Weg zu höchster Qualität und kulinarischem Feingenuss weisen. Vor allem das Galvin La Chapelle in London-Soho überzeugt seit über zehn Jahren mit einer modernen französischen Bistro-Küche, die von englischen Einflüssen nochmals auf sehr individuelle Weise veredelt wird. Auch der Guide Michelin zollt dieser Leistung Respekt und verleiht dem Haus in der beeindruckenden denkmalgeschützten St. Boltolph’s Hall regelmäßig einen Stern.

Seit einiger Zeit widmen sich die Brüder auch intensiv der vegetarischen und veganen Küche, und sie machen diese Entwicklung ganz klar nach außen sichtbar. „Es ist für uns heute selbstverständlich, dass unsere Gäste nicht nach einer vegetarischen oder veganen Zubereitung unserer Menüs fragen müssen, sondern dass wir ihnen eigene Speisekarten mit eigenen Menüs anbieten“, erklärt Jeff Galvin. Je ein sieben-gäniges Gourmand-Menü für Vegetarier und eines für Veganer sowie je drei Vor- und Hauptspeisen für À-la-carte-Bestellungen unterstreichen den hohen Stellenwert der pflanzenbasierten Küche im Galvin La Chapelle. „Das große Interesse an unserem veganen Gourmand-Menü hat unsere Erwartungen aber doch übertroffen“, ergänzt Bruder Chris, „das ist eine große Motivation, zukünftig noch mehr in diese Richtung anzubieten.“

Was bis jetzt geboten wird, reicht bereits aus, um den Puls veganer Feinschmeckerherzen zuverlässig in die Höhe schnellen zu lassen. Gekühlte Melonensuppe mit Basilikum und frischen Mandeln, Tomatentartar und schwarzes Olivenkaramell, Risotto von der Petersilie mit Pilzreduktion und frischen Morcheln oder eine Tajine von Sommergemüse, Couscous und Harissa. „Wir bieten definitiv Sterneküche und Sterneservice“, betont Jeff Galvin, „aber wir verzichten auf dieses protzige Gehabe und übertrieben hohe Preise. Wir verstehen uns als Fine Dining für die ganze Familie, für die Großen und die Kleinen, für Fleischesser, aber natürlich auch für die immer größer werdende Gruppe der Vegetarier und Veganer.“

Das Thema der rein pflanzlichen Ernährung ist also in Fahrt gekommen, nicht nur in London, Kopenhagen, Fürstenau oder Frankfurt. Vor allem junge Menschen haben diesen Lifestyle für sich entdeckt. Ein Blick in die Supermarktregale zeigt, dass auch die Lebensmittelindustrie mit veganen Grillwürsten aus Kräuterseitlingen und Veggie-Burgern mit Kichererbsen-Patties längst auf diesen Zug aufgesprungen ist. Es ist eine Bewegung entstanden, die nur darauf wartet, am kulinarischen Bahnhof abgeholt zu werden. Bon voyage! 

„Seitan? Tofu? Auf keinen Fall! wir verzichten auf produkte aus Übersee.“

Ricky Saward, Seven Swans, Frankfurt

„Jeder meiner Köche hat einmal die Woche Gartendienst.“

Andreas Caminada, Oz, Fürstenau in Graubünden

„Wir sind Keine Adresse für Gesundbeter, sondern für verwöhnte Feinschmecker.“

Henrik Yde Andersen, Veve, Kopenhagen

„Das interesse am veganen Menü hat unsere Erwartungen weit übertroffen.“

Jeff Galvin, La Chapelle, London

Veve

Was macht der typische Däne, wenn er kein vegetarisches Restaurant auf Sterneniveau findet? Er eröffnet selbst eines, so wie Henrik Yde Andersen vor fünf Jahren. Seither hat sich das Veve zu einem Fixstern im Kopenhagener Gastrouniversum entwickelt, auch für Veganer. Die Küche ist stark von thailändischen Einflüssen geprägt, spielt aber auch mit mediterranen Aromen. Das Sechs-Gänge-Menü wird auch vegan angeboten, in Zukunft will man die vegane Speisenauswahl noch weiter ausbauen.

 

Seven Swans

Außergewöhnliche Sterneküche in lässigem Ambiente. Frei von allen Konventionen zieht Ricky Saward in Frankfurt sein regionales und veganes Programm beinhart durch – und holte sich damit 2019 den ersten weltweiten Guide-Michelin-Stern für ein veganes Restaurant. In seinen Gerichten spiegelt sich sein emotionaler Zugang zum veganen Lifestyle wider, jeder Teller wird mit viel Liebe zum Detail angerichtet. Ein herausragender Augen- und Gaumenschmaus.

 

Ona

O la la, da hat Claire Vallée die Ordnung in der französischen Haute Cuisine kräftig durcheinandergewirbelt. Weder Fisch noch Ente, nicht einmal Austern serviert sie ihren Gästen, und trotzdem verleiht ihr der Guide Michelin den ersten Stern. Das Markenzeichen ihrer Küche: die Kombination ungewöhnlicher Geschmackspaarungen, die den Gaumen destabilisieren, aber mit der perfekten Balance von Aromen und Texturen umschmeicheln.

Oz

Spitzenkoch Andreas Caminada hat in der kleinsten Stadt der Welt wieder Großes geleistet und seine gastronomische Familie erweitert. Im neuen Oz, vis-a-vis vom Schloss Schauenstein, wird rein vegetarisches Fine Dining für maximal zwölf Personen zelebriert, auf Wunsch diniert man streng vegan. Die Gäste sitzen am Tresen rund um die offene Küche und erleben in einer höchst entspannten und intimen Atmosphäre, wie aus Früchten, Wurzeln, Samen und Kräutern erlesene Gerichte entstehen.

Interview

„95 Prozent meiner Gäste sind keine Veganer.“

Frankreichs erste vegane Sterneköchin Claire Vallée über Zutaten, Inspiration und Ziele.

Stellen Sie Ihr Restaurant kurz vor?

Claire Vallée: Der Name Ona ist die Abkürzung für Origine Non Animale, wir sind ein bio-veganes Restaurant. Einer unserer wichtigsten Grundsätze ist die Verwendung von saisonalen und möglichst lokalen Zutaten. Der direkte Einkauf bei unseren Landwirten und Produzenten ist mir sehr wichtig. Wir stehen ständig mit ihnen in Kontakt, damit wir wissen, welches Gemüse, welche Früchte aktuell gerade zur Verfügung stehen, und passen so unsere Menüs an. 

Wo finden Sie Inspiration für Ihre Menüs?

Claire Vallée: Da gibt es viele Inspirationsquellen, das können Erlebnisse sein, Reisen oder auch Erinnerungen an die Kindheit. Ich habe einmal ein ganzes Menü der Bretagne gewidmet, weil mich eine Reise durch die Bretagne so unglaublich bewegt hat. Und ein Menü habe ich der Region Drôme Provençale gewidmet, wo ich aufgewachsen bin. Für dieses Sommer-Menü habe ich alles verwendet, was diese Gegend für mich ausmacht, etwa Nüsse aus Grenoble, Olivenöl, Orangenblüten und Aprikosen. Es kann aber auch sein, dass ich ein Menü rund um ein Produkt entwickle, das gerade reif ist und das ich in allen Variationen, von salzig bis süß, in Suppen und mit verschiedenen Texturen verwende.

Entwickeln Sie alle Menüs allein?

Claire Vallée: Nein, das will ich gar nicht. Die Planung beginnt immer mit den Landwirten und Produzenten. Wir besprechen, welche Produkte wann verfügbar sind. Dann schlage ich meinem Team ein Thema vor und bitte sie, in einem Brainstorming dazu Ideen zu entwickeln. Damit schaffen wir eine Basis, von der wir dann gemeinsam eine Speisekarte erstellen. Dann wird probegekocht, ausprobiert, verfeinert, angerichtet, kritisch verkostet und immer wieder verbessert, bis wir an den Punkt kommen, an dem wir alle mit dem Menü zufrieden sind.

Haben Sie viel Kontakt zu Ihren Gästen?

Claire Vallée: Ja, unbedingt, das ist mir auch sehr wichtig. In den vielen, vielen Gesprächen mit ihnen über unsere Menüs und vegane Geschmackserlebnisse habe ich auch erkannt, dass 95 % unserer Gäste überhaupt keine Veganer sind. Das hat mich wirklich überrascht. Aber sie sind Feinschmecker. Zuerst sind sie aus Neugier gekommen, weil sie veganes Fine Dining ausprobieren wollten. Heute sind wir bereits sehr bekannt und sie kommen, weil sie den Geschmack und die Qualität schätzen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Wohin geht die Entwicklung in der veganen Küche?

Claire Vallée: Ich persönlich bin immer auf der Suche nach dem Neuen, dem Ungewöhnlichen. Das können neue Garmethoden sein oder ungewöhnliche Gewürze. Ich liebe es, Küchen unterschiedlicher Länder und Kontinente in meinen Menüs zu fusionieren. Auch die traditionelle französische Küche sehe ich als Herausforderung an. Macarons und Ganaches ohne tierische Produkte herzustellen, gelingt ja vergleichsweise einfach, aber ich denke da an typische Fleischgerichte, die ich zukünftig fleischlos nachkochen möchte. 

 

CLAIRE VALLÉE

Die in Nancy geborene Französin studierte zunächst erfolgreich Archäologie. Ein Ferienjob brachte die diplomierte Studentin zufällig in ein Restaurant nach Crans-Montana, Schweiz, wo sie insgesamt acht Jahre blieb. Sie lernte das Kochen von der Pike auf, absolvierte neben ihrer Arbeit eine Ausbildung zur Konditorin und übernahm im Betrieb über die Jahre mehr und mehr Verantwortung. Nach der Schweiz ging es für Vallée nach Thailand, wo sie die vegetarische Ernährung für sich selbst entdeckte. Zurück in Frankreich arbeitete sie in mehreren Restaurants, wo sie bereits vereinzelt eigene vegetarische Gerichte kreieren konnte. 2016 eröffnete sie in Arès nahe Bordeaux, in der Bucht von Arcachon, ihr Restaurant Ona (Origine Non Animale), im Januar 2021 wurde sie vom Guide Michelin mit einem Stern ausgezeichnet.

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