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Milch Challenge
Wie gelingt es am besten, Kuhmilch in Gerichten und Backwaren zu ersetzen? Frisch hat pflanzliche Milchalternativen verkostet und sich von Topköchen erklären lassen, welche Varianten von Hafer- bis Mandelmilch wofür am besten geeignet sind.
Milch ist seit Jahrtausenden ein bedeutender Bestandteil der menschlichen Ernährung – und für viele Köche ein scheinbar unverzichtbares Lebensmittel. Doch immer mehr Gäste klagen über Laktose-Unverträglichkeiten, haben Cholesterin-Probleme oder wollen sich vegan ernähren. Die fetthaltige Kuhmilch bekommt deshalb seit ein paar Jahren immer mehr Konkurrenz aus dem Reich der Pflanzen.
Laut Statista hat sich etwa der Absatz von pflanzlicher Milch 2020 im Vergleich zum Jahr 2018 im deutschen Lebensmitteleinzelhandel verdoppelt. Hingegen ist die Produktion von Trinkmilch tierischen Ursprungs im Zeitraum 2002 bis 2020 um 7,1 % zurückgegangen. Ein weiterer Grund für diese Entwicklung: der Nachhaltigkeitsgedanke. Für Ricky Saward, Europas ersten veganen Sternekoch, spielt er selbst bei der Auswahl unter den vielen pflanzlichen Alternativen von Soja über Reis bis Hafer eine entscheidende Rolle: „Der Hafer für unsere Milch wird in Hessen angebaut und ich beziehe ihn direkt vom Bauern. Andere Alternativen wie Reismilch oder Sojamilch taugen mir vom Geschmack her nicht und passen auch nicht zu meinem Verständnis von Nachhaltigkeit und Ethik, beispielsweise weil für den Sojaanbau Regenwald abgeholzt wird.“ Das macht die Auswahl für Köche nicht gerade leichter. Denn egal, ob die pflanzlichen Milchalternativen auf Hülsenfrüchten, Nüssen oder Getreide basieren: Sie alle haben ihren eigenen Geschmack und sind für verschiedene Gerichte besser oder schlechter geeignet.
Herausforderung Eigengeschmack
Obwohl tierische Milch also einfach durch Pflanzenmilch ersetzt werden kann, eignet sich nicht jeder dieser Drinks gleich gut für jede pikante oder süße Speise. Ein Umstieg erfordert auf Seiten der Köche ein gehöriges Maß an Tüftelei. „Hafermilch schmeckt beispielsweise eher getreidig und hat eine gewisse Süße, ein wenig Richtung Mais“, erklärt dazu Ricky Saward. Im Endprodukt kommt dieser Eigengeschmack immer mehr oder weniger stark durch. Das erschwert die Umstellung von Kuh- auf Pflanzenmilch. „Der Milchgeschmack, das Fettig-Sahnige hat sich im Menschen eingebrannt, deshalb kann man da keinen Vergleich anstellen, sondern muss sich auf etwas komplett Neues einlassen“, betont der Chef des Frankfurter Seven Swans und gibt den klassischen Pudding als plakatives Beispiel: „Der schmeckt mit Hafermilch einfach ganz anders als mit Kuhmilch. Das muss einem vorher bewusst sein, dann gibt es keine Enttäuschung.“
Abgesehen vom Geschmack liegt auch in der Konsistenz ein deutlicher Unterschied. Außerdem verhalten sich die Produkte beim Kochen anders als Kuhmilch. „Der Umstieg auf eine Milchalternative kann anfangs etwas knifflig sein. Man muss sich mit dem Lebensmittel einfach auseinandersetzen, sich herantasten und testen, was geht. Von einem 1:1-Ersatz mit Kuhmilch halte ich generell nichts, weil jede Pflanzenmilch ihre ganz besonderen Eigenschaften hat“, unterstreicht Saward: „Für einen Pudding aus der Tüte brauche ich einen gewissen Fettanteil. Ist der nicht vorhanden, dann greift das Pulver nicht und die Masse dickt nicht ein. Erhitze ich aber einfach Hafermilch, dann bekomme ich aufgrund des Klebers im Getreide sofort eine Pudding-Konsistenz, da brauche ich keine zusätzliche Stärke mehr. Ich muss einfach wissen, wie sich Hafermilch bei unterschiedlichen Temperaturen und Zubereitungsarten verhält, und die besonderen Eigenschaften des Getreides kennen. Hafer beispielsweise hat einen hohen Anteil an Stärke, die der Milch eine mehlartige Konsistenz gibt und für eine starke Bindung sorgt.“
Diese Eigenschaften des Hafers macht man sich auch im veganen Berliner Casual-Dining-Restaurant Frea zunutze. „Man braucht für gute Fonds, Dips und Saucen keine tierische Sahne. Mit einfacher Hafermilch erreichen wir auch ein sehr cremiges und tiefschmeckendes Erzeugnis, das den Geschmack von Gemüse sehr gut hervorhebt und unterstützt. Und außerdem gibt es selbst Hafersahne als Alternative“, sagt David Johannes Suchy, CEO & Founder von Frea. Ob Hafer- oder etwa Mandelmilch, sei immer eine Frage des Rezeptes und Gerichtes: „Mit Mandelmilch kann man beispielsweise Pana Cotta einen leichten Mandelgeschmack verleihen. Für Saucen ist Hafermilch besser, da sie vom Geschmack her im Vergleich zur Mandelmilch neutraler ist. Generell dient uns die Pflanzenmilch für die Konsistenz und nicht als Geschmackskomponente. So verwenden wir für Kaffee auch die Hafermilch in einer Barista-Variante, weil sie sich besser schäumen lässt als Mandelmilch.“
Wichtig ist, bei jedem Produkt darauf zu achten, ob es sich um eine ungesüßte oder gesüßte Drink-Variante handelt. Der Zucker kann den Geschmack des Gerichts – insbesondere eines herzhaften – beeinflussen, weshalb es empfehlenswert ist, generell zu ungesüßten Drinks zu greifen. Doch Vorsicht: Produkte „ohne Zuckerzusatz“ haben nicht unbedingt einen geringen Zuckergehalt, da sie von Natur aus Zucker enthalten können. Pflanzendrinks, die von Haus aus eine süßliche Note haben, sind daher besser in der süßen Küche aufgehoben. Auch Hinweise wie „Natur“, „Naturell“ oder „Natural“ können möglicherweise falsche Erwartungen wecken. Seven Swans-Küchenchef Saward produziert seine Hafermilch deshalb gleich selbst: „Ich wollte kein Produkt mit Stabilisatoren, Emulgatoren, Aromen und anderen unnötigen Zusatzstoffen, wie sie in industriellen Produkten oft vorkommen. Für die Hafermilch verwende ich bloß Haferflocken und Wasser. Das ist kein Hexenwerk. Außerdem kann ich dann selbst steuern, wie dick oder flüssig, wie mehlig, wie fein oder grob die Milch sein soll. Ich fertige mir unterschiedliche Varianten an. Eine Porridge-artige Konsistenz ist beispielsweise eine gute Basis für Cremen und Eis.“ Weiters führt er auch den gewaltigen Preisunterschied ins Treffen: „Für einen Liter Haferdrink mit 10 % Haferanteil zahlt man ca. 2 Euro. 500 g Haferflocken bekomme ich um 40 Cent und kann damit ca. 13 Liter Hafermilch herstellen.“
„500 GRAMM HAFERFLOCKEN BEKOMME ICH UM 40 CENT. DARAUS KANN ICH 13 LITER MILCH MACHEN.“ (RICKY SAWARD, KÜCHENCHEF, SEVEN SWANS, FRANKFURT AM MAIN)
So viele Optionen
Saward hat der Haferdrink derart überzeugt, dass er ihn heute auch privat überall dort verwendet, wo er früher zu Milch griff. Seine süßlich-milde Note ist zudem ideal für Backwaren und in der Patisserie. „Haferdrinks geben Teigen und Cremen eine besondere Geschmeidigkeit und sorgen für eine zusätzliche Bindung. Auch die Kombination mit fruchtigen Komponenten funktioniert problemlos. Selbst Eisspeisen sind keine große Sache. In den Brandteig für unsere Churros kommen Wasser, Hafermilch, Rapsöl, Zucker, Salz und Mehl. Das Ei ersparen wir uns aufgrund der Stärke im Hafer. Außerdem kristallisiert Hafermilch, deshalb muss man sie bei der Eiserzeugung entsprechend dosieren, um die Cremigkeit zu erhalten. Hinzu kommt, dass Hafermilch beim Reduzieren sehr stark in eine karamellartige Note abdriftet. Diese krasse geschmackliche Verwandlung hat uns derart fasziniert, dass wir heute aus Hafermilch Toffee produzieren.“
Ähnlich vielseitig einsetzbar ist die Mandelmilch – vorausgesetzt, es handelt sich um die ungesüßte Variante. In dieser verfeinert sie nicht nur Cremen, Puddings oder Palatschinken, sondern auch salzige, bodenständige Gerichte wie beispielsweise Kartoffelpüree oder Aufläufe. Gleiches gilt für Drinks aus Soja. Auch die nussig schmeckende Dinkelmilch lässt sich vielseitig einsetzen. Reismilch ist weniger beliebt, da sie im Vergleich zu Getreide-basierten Produkten sehr dünnflüssig ist. Diese Konsistenz kann beim Kochen oder Backen zu einer Herausforderung werden. Die 1:1-Regel gilt hier keinesfalls. Dafür eignet sich Reismilch, nicht zuletzt wegen ihrer natürlichen Süße, sehr gut für Puddings, Porridges und Pfannkuchen. Unverzichtbar wird sie im Arsenal der pflanzlichen Milchalternativen jedoch, weil sie laktose- UND glutenfrei ist und logischerweise auch keine Nussbestandteile enthält. Speziell für Menschen, die unter Zöliakie, Laktoseintoleranz, Nuss- oder Sojaallergie leiden, ist sie deshalb die einzige Wahl.
Weitere Alternativen im pflanzlichen Sektor sind die Hanfmilch, die sich aufgrund ihres kräftigeren Geschmacks eher für herzhafte Gerichte eignet, sowie die cremigere Cashewmilch, die sowohl herzhaften als auch süßen Gerichten ein üppiges Aroma verleiht. Die aus der asiatischen Küche bekannte Kokosnussmilch und die Kokosmilch passen aufgrund ihrer mehr oder weniger dezenten Kokosnote gut zu Desserts oder Milchreis. Daneben sorgen auch Milch aus Haselnüssen, Erdnüssen, Lupinen, Erbsen, Hirse, Gerste und sogar Marillenkernen für eine immer breitere Auswahl. Außerdem gibt es bereits Mischungen aus Reismilch mit Mandel- oder Sojamilch.
„Zum Backen eignen sich trotzdem moderne Haferdrinks mit ihrer vollfetten und dickflüssigen Qualität am besten. Auch Sojadrinks funktionieren gut, Reisdrinks sind zu dünnflüssig. Mandel- und Kokosdrinks dagegen sehr dominant im Geschmack, deshalb nur verwenden, wenn sie zur Art des Gebäcks passen“, meinen dazu Daniela Lais und Jérôme Eckmeier, Autoren des Buchs „Vegan Baking“. Auf einen Kokosdrink greifen sie beispielsweise bei ihrer Karottentorte mit Zimtcreme und Pistazien zurück. Den Hefeteig für Ostfriesischen Schneckenkuchen sowie den Hefekranz bereiten sie hingegen mit einem Haferdrink zu. Der kommt auch in den Hefeteig für die salzigen Laugenstangen oder in Mürbteige. Für die Marzipanhörnchen bieten sich dagegen Mandeldrinks an und bei einer Kokostorte liegt die Kokosmilch nahe, die auch für die Creme im Tiramisu bestens funktioniert. Was den Einsatz von Pflanzensahne für Füllungen und Dekoration betrifft, so haben die beiden Autoren einen wichtigen Tipp: Die Sahne muss vor Gebrauch eiskalt sein: „Dann in einer sauberen Rührschüssel mit dem Handrührgerät auf höchster Stufe mindestens drei Minuten aufschlagen. Ein Überschlagen gibt es bei Pflanzensahne nicht.“ Für zusätzliche Stabilität sorgt ein Sahnefestiger, der beim Aufschlagen nach ungefähr der Hälfte der Zeit zugefügt wird.
Experiment Eigenproduktion
Natürlich kann man diese Pflanzenmilch-Alternativen auch selbst herstellen. Dafür genügt ein sogenannter Nussmilchbeutel, ein feines, strapazierfähiges Netz zum Durchseihen, und ein Standmixer. Beispielsweise Hafer einfach mit Wasser vermengen und im Mixer mit etwas Rapsöl für einige Minuten blenden. Dann durch den Nussmilchbeutel abseien und fertig ist die Hafermilch. Etwas mehr Aufwand verursachen Dinkel-, Mandel- oder Sojamilch. Denn dafür müssen Getreide und Nüsse eingeweicht werden. Im Frea hat man die Haselnussmilch für den Kaffee lange selbst hergestellt, erzählt Gründer David Johannes Suchy: „Die kam sehr gut an, aber irgendwann war das zeitlich nicht mehr zu bewerkstelligen. Wir haben die Haselnüsse per Hand geröstet, geschält, dann mit Wasser, Salz und Zucker gemixt und anschließend drei Mal durch ein Käsetuch passiert. Das ist eine sehr aufwändige Arbeit. Wenn man am Tag 20 Liter Milch braucht, dann steht man dafür schon mal bis zu vier Stunden in der Küche.“
Das Beispiel zeigt: Wer seinen Gästen Gerichte mit pflanzlichen Alternativen auf hohem Niveau anbieten möchte, muss eine gewisse Lernphase in der Küche einkalkulieren und abwägen, was am besten funktioniert. Aber dann lohnt es sich.
„MANDEL- UND KOKOSMILCH SIND SEHR DOMINANT IM GESCHMACK. SIE MÜSSEN ZUR ART DES GEBÄCKS PASSEN.“ (DANIELA LAIS & JÉROME ECKMEIER, BUCHAUTOREN, VEGAN BAKING)
Milky Ways
Mandel-, Soja-, Hafer-, Reis- oder Reismilch – sie sind die beliebtesten unter den pflanzlichen Milchalternativen. Was sie gemeinsam haben? Sie sind alle laktosefrei. Was sie unterscheidet, hat FRISCH recherchiert.
Mandel
Bereits im Mittelalter war Mandelmilch ein beliebtes Getränk. Dafür werden lediglich gemahlene Mandeln mit Wasser aufgegossen und durch einen Nussmilchbeutel gesiebt.
Geschmack
Die Milch punktet mit mildem, leicht süßlichem Geschmack mit einer leicht nussigen Note. Achtung: Sie enthält je nach Hersteller teilweise zugesetzten Zucker.
Konsistenz
Die leicht beige Milch ist dickflüssiger als Kuhmilch und hat eine leicht mehlige Konsistenz. Mandelmilch neigt dazu, bei Temperaturunterschiede (z.B. kalte Milch, heißer Kaffee) auszuflocken.
Geeignet für
Mandelmilch ist ungesüßt ein Allrounder und kann sowohl für Süßspeisen wie Crepes, Pudding oder Cremen als
auch für salzige Gerichte wie Aufläufe und Kartoffelpüree
verwendet werden.
Besonderheit
Auch wenn im Mandeldrink bloß wenige Prozent Mandeln stecken: Nussallergiker verzichten besser darauf.
Soja
Die Milch aus der Sojabohne ist in Bezug auf den Protein- und Fettgehalt der Kuhmilch sehr ähnlich und lässt sich somit überall dort verwenden, wo ihr tierisches Pendant zum Einsatz kommt.
Geschmack
Sojamilch hat ein mildes Aroma und einen leicht erdigen, nussig-getreidigen Geschmack. Durch das Fermentieren der Bohnen entsteht eine süßliche Note.
Konsistenz
Die leicht gelbliche Sojamilch ist dickflüssiger als Kuhmilch und verleiht daher Speisen etwas Cremiges.
Geeignet für
Sojadrinks lassen sich gut aufschäumen und erhitzen, weshalb man sie für die Zubereitung von Kaffee schätzt. Auch beim Kochen und Backen sind sie ein guter Ersatz sowohl bei Süßspeisen als auch bei herzhaften Gerichten.
Hafer
Hafer wächst in Deutschland und Österreich. Die Hafermilch ist deshalb sehr nachhaltig. Und sie kann ganz simpel selbst hergestellt werden.
Geschmack
Hafermilch hat einen milden, leicht getreidigen Geschmack und eine süßliche Note, weil bei der Herstellung Getreidestärke in Zucker umgewandelt wird.
Konsistenz
Die milchige Flüssigkeit hat aufgrund des hohen Stärkeanteils eine leicht mehlige Konsistenz, weshalb das Eindicken von Saucen damit gut funktioniert. Die Konsistenz hängt generell von der Art der Haferflocken und Wasserzugabe ab: je feiner die Haferflocken und je mehr Wasser, desto weniger Haferschleim und desto dünnflüssiger die Konsistenz.
Geeignet für
Hafermilch macht sich gut beim Backen sowie bei Keksen und kann auch für die Eisherstellung herangezogen werden. Sie lässt sich gut aufschäumen, hat aber einen Eigengeschmack.
Kokos
Hier unterscheidet man zwischen der cremigen Kokosmilch aus dem ausgdrückten Fruchtfleisch und dem in der Nuss befindlichen Kokoswasser.
Geschmack
Die leicht bekömmliche Kokosmilch punktet mit dezenter Kokosnote, die sich in Speisen keineswegs aufdrängt.
Konsistenz
Kokosmilch gibt es in verschiedenen Konsistenzen: Die dickflüssigere Variante wird aus dem Fleisch der Kokosnuss gewonnen und enthält einen hohen Anteil an Kokosfleisch, die dünnflüssigere Konsistenz wird aus den Resten der ersten Milch gewonnen und enthält daher weit weniger Kokosfleischanteil.
Geeignet für
Die dezente Kokosnote macht sie ideal für Desserts. In der asiatischen Küche kommt sie klassisch in Currys und Suppen vor.
Reis
Um Reismilch zu erhalten, wird für gewöhnlich Vollkornreis mit viel Wasser gekocht, fermentiert und gefiltert. Vitamine und Mineralstoffe werden oft nachträglich wieder hinzugefügt.
Geschmack
Die Flüssigkeit erinnert in ihrem Geruch sowie auch ihrem Geschmack deutlich an sein Ursprungsprodukt.
Konsistenz
Die weißliche Reismilch ist sehr dünnflüssig – ähnlich Wasser, was zu einer Herausforderung beim Kochen werden kann.
Geeignet für
Aufgrund seiner natürlichen Süße eignet sich die pflanzliche Milchalternative besonders gut für die süße Küche. Nicht zu empfehlen ist sie als Milchersatz für Kaffee.
Interview
„Etwas Freude am Experiment gehört dazu.“
Oft werden Pflanzendrinks aufgrund ihres intensiveren Eigengeschmacks verschmäht. Dabei sei das alles eine Frage des richtigen Rezepts, meint Bettina Pfiffner, Geschäftsführerin von Veganrocks, die sich intensiv mit dem Thema befasst hat.
Welche Rolle spielt der Milchersatz in der veganen Küche und warum ist er auch für klassische Anwendungen interessant?
Milchersatz spielt eine große Rolle. Er wird in vielen Gerichten verwendet und ist ideal, um Saucen zu verdünnen oder ihnen eine tolle Konsistenz zu geben. Kuhmilch ist ein gängiges Allergen, immer mehr Menschen sind laktoseintolerant. Mit Pflanzendrinks kann nachhaltig und allergenfrei zugleich gekocht werden. Zudem sind pflanzliche Produkte in Bezug auf Verderblichkeit, Bakterien, Verträglichkeit etc. weniger heikel als Kuhmilch.
Wie einfach oder schwer ist es, als klassischer Koch von Kuhmilch auf Pflanzenmilch umzusteigen?
Es gibt sehr viele unterschiedliche „Drinks“, da hat man die Qual der Wahl. Letztlich kommt es darauf an, was ich benötige und was mein Ziel in der Küche ist. Da stellt sich die Frage nach Bio-Qualität, nachhaltiger Produktion, Eiweißgehalt, Nährstoffen etc. Ich persönlich koche nie mit Sojadrink. Er ist umstritten, wird von vielen Menschen nicht gut vertragen. Auch ist Soja immer die erste Einsteiger-Wahl. Ich mag es nicht, wenn alles mit Soja ersetzt wird. Unsere Ernährung soll abwechslungsreich sein. Wichtig ist ebenso der Geschmack. In meinen Gastronomiekursen schneidet bei Tastings die Erbsenmilch stets am besten ab.
Welches ist Ihr liebster Pflanzendrink?
Jener aus Hafer. Er hat ein gutes Nährstoffprofil und ich mag
den Geschmack. Für Kaffee nehme
ich Hafer Barista. Erbsenmilch passt mir aber auch sehr. Reisdrinks sind mir oft zu flüssig und Mandeldrinks für einige Speisen zu süß. Generell eignen sich Mandeldrinks für Desserts aber sehr gut.
Kann Kuhmilch in jedem Rezept 1:1 durch pflanzliche Alternativen ersetzt werden?
Das funktioniert nicht immer, da es ja eben keine Milch ist. Da muss man auf gute Rezepte vertrauen oder selbst testen. Etwas Experimentierfreude gehört zum Beruf und steht mit jedem neuen Produkt an.
Was funktioniert mit Pflanzendrinks nicht oder anders?
Das Eindicken der Drinks funktioniert anders. Da kommt es aber immer auf die Sorte an. Sojamilch funktioniert gut zum Emulgieren wegen des Sojalecithins. Man kann
natürlich nachhelfen, indem man Lecithine zufügt. Vieles geht aber ganz gut und leicht. Ins Kartoffelpüree kann man beispielsweise statt Milch etwas Haferdrink oder Haferrahm hinzufügen – je nach Konsistenzwunsch – plus etwas vegane Butter für den Geschmack.
Gibt es in Sachen Produktqualität große Unterschiede zwischen den Anbietern?
Natürlich. Die Unterschiede sind enorm, angefangen vom Geschmack über die Konsistenz bis hin zur Farbe und – wie erwähnt – dem Nährstoffprofil sowie den Zusatzstoffen wie Salz, Zucker, Öl etc. Wie bei allen Produkten, so gilt auch hier: je reiner und weniger Zusatzstoffe, desto besser.
Pflanzenmilch selbst machen – macht das Sinn?
Manpower ist das teuerste Gut in einem Gastrobetrieb, daher könnte die Eigenproduktion wohl teurer werden. Sicherlich sind die eigenen Produkte aber gesünder und spannender für den Gast. Zudem ist die Herstellung grundsätzlich ganz einfach. Am mühsamsten dabei ist das händische Absieben mit dem Nutbag. Mit der richtigen Küchenmaschine ist es wohl am wirtschaftlichsten. Es kommt letztlich auf den Betrieb an, die Anzahl der Mitarbeiter, die Ausrichtung, sprich die Werte, ob selbst produziert wird oder nicht. Die Kuhmilch machen sich die Gastrobetriebe ja auch nicht selbst.
Ob selbstgemacht oder nicht, spielt für mich in Sachen Pflanzendrinks allerdings weniger eine Rolle als der ethische und nachhaltige Aspekt. Meines Erachtens sollte die Hauptmotivation für einen Betrieb sein, nachhaltig zu kochen mit gesunden, leidfreien Zutaten in der besten zur Verfügung stehenden Qualität.
Frau Pfiffner, vielen Dank für das Gespräch!
Bettina Pfiffner
Gesundheits- und Ernährungsberaterin Bettina Pfiffner ist gelernte PR-Fachfrau, arbeitete lange in der Event- und Kommunikationsbranche und hat 2014 Veganrocks gegründet. Veganrocks bietet Coachings für die Gastronomie, Kochkurse sowie gesundheitsfördernde Firmenevents an und veranstaltet länderübergreifende Kurse für Gastronomen, die ihren Betrieb nachhaltiger gestalten möchten.