Panorama

Schnee von Gestern

Bis in die 70er-Jahre prägten einige geniale Gebrauchsgrafiker das werbliche Bild vom Winter in Österreichs Bergen. FRISCH zeigt Beispiele Ihres Schaffens und spricht mit PlakatExperte Christian Maryška darüber, warum sie uns noch heute so in ihren Bann ziehen.

 

Sie haben ein Buch über Österreichs Winter-Werbesujets mit dem Titel „Schnee von gestern“ herausgegeben. Worin liegt für Sie die Faszination dieses Themas?

Einerseits darin, dass es sich um eine historisch klar abgegrenzte Zeitspanne handelt. Vor 1933 gab es noch keine staatlich organisierte Werbung. Erst die Schwierigkeiten mit dem Deutschen Reich und die fallenden Zahlen deutscher Touristen führten damals dazu, dass im Austrofaschismus der Werbedienst des Bundesministeriums für Handel und Verkehr, der Vorläufer der Österreich Werbung, eingerichtet wurde. Andererseits waren österreichische Gestalter damals auch international hoch angesehen und sehr innovativ. Allen voran Joseph Binder, der die nachfolgenden Generationen mit seinem reduzierten Stil ab den 20er-Jahren beeinflusst hat. Diese Phase, in der künstlerische Zeichnungen und kleine Grafikerateliers die touristische Außendarstellung prägten, beginnt mit dem Aufkommen von Werbeagenturen und reinen Fotosujets ab Mitte der 60er-Jahre auszulaufen.

 

Joseph Binder war einer der wichtigsten österreichischen Grafikdesigner der 20er- und 30er-Jahre. Er ging Mitte der 30er in die USA und war dort sehr erfolgreich. Von ihm stammt auch die erste österreichische Winterwerbung, richtig?

Ja, er entwarf 1933 eine mondäne blonde Dame in wallend blauem Norwegeranzug vor einem stilisierten Bergmassiv. Dieser aufs Wesentliche fokussierte, mit intensiven Farben arbeitende Stil findet sich später noch viele Jahre in österreichischen Winterwerbeplakaten. Auch Arthur Zelger (1914 – 2004) ist stark von Joseph Binder beeinflusst und hat auch kurz in seinem Atelier gearbeitet.

 

Zelger hat unter anderem das heute noch allgegenwärtige Tirol-Logo entworfen. Nimmt er wie Binder eine Sonderstellung unter den Grafikern ein, die den Werbeauftritt Österreichs prägten?

Absolut. Die hier gezeigten Arbeiten seines Ateliers in Innsbruck machen das ganz deutlich. Er war ein Meister der Reduktion und der Integration von Schriften in seine Werbesujets. Über die starken Farbkontraste generiert er gleichzeitig Aufmerksamkeit und emotionalisiert sie. Ab Ende der 40er-Jahre bis in die 50er ist eine Hochzeit seines Schaffens. Damals entstanden sehr viele Plakate für die Tiroler Skigebiete. Er ist außerdem einer der wenigen Grafiker, die sich selbst nach Aufkommen reiner Fotosujets in den 70er-Jahren noch behaupten konnten. Seine Entwürfe wurden damals noch flächiger. Am bekanntesten ist wohl das Plakat für die Winterolympiade 1976. Es gibt aber auch sehr faszinierende Beispiele für den Tourismus in Südtirol.

 

Solche Plakate zu verwenden scheint heute sehr gewagt. Welche Wirkung hatten sie in den Zielmärkten?

Vor allem die Tirol Werbung war immer sehr mutig. Auch in Vorarlberg gab es tolle Gestalter, die stark vom Schweizer Design beeinflusst waren. Die Rezeption lässt sich heute nur noch schwer nachvollziehen. Aber während meiner Recherchen in den Archiven der Österreichischen Nationalbibliothek habe ich in ausländischen Magazinen und Zeitungen der Zeit einige sehr positive Besprechungen der österreichischen Plakate gefunden. Dazu muss man wissen, dass bereits in den 30er-Jahren die Sujets in viele Sprachen übersetzt wurden. Dadurch war auch die Teilnahme an internationalen Wettbewerben für Fremdenverkehrsplakate möglich.

 

Mit Erfolg?

Durchaus. Der Designer Paul Aigner gewann 1948 die Kategorie „Winterplakat“ beim Internationalen Wettbewerb für Fremdenverkehrsplakate in Paris mit dem Bild eines lachenden Mädchens, das die Reste eines Schneeballs im Gesicht hat. Die Verantwortlichen der „Stelle für den Wiederaufbau der österreichischen Fremdenverkehrswirtschaft“ waren damals von diesem Erfolg so angetan, dass Aigner ohne weitere Ausschreibung gleich zwei weitere Aufträge für Winterplakate erhielt.

 

Haben die Entwürfe dieser Designer heute noch Einfluss auf die Außendarstellung des österreichischen Tourismus?

Abgesehen von Ausnahmen wie dem Tirol-Logo Arthur Zelgers halten sich die Einflüsse in engen Grenzen. Dafür ist vor allem die Dominanz der Fotografie in der heutigen Werbung verantwortlich. Angeblich gab es dazu eine Studie der Österreich Werbung aus den späten 60er-Jahren, die belegt, dass die Konsumenten mit Fotos besser angesprochen werden.

 

Herr Maryška, vielen Dank für das Gespräch! 

 

Zur Person

Mag. Christian Maryška wurde 1960 in Wien geboren. Der Historiker und Kulturwissenschaftler ist Kurator der Plakatsammlung der Österreichischen Nationalbibliothek. Er veröffentlicht regelmäßig zur Geschichte der österreichischen Gebrauchsgrafik, von Reise- und Tourismusplakaten und der Kunst der Reklame.

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