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Wald Schrat

Mit eigenwilligen Baumhäusern möchte ein salzburger Start-Up am Pgusch ein Zeichen gegen die Bodenversiegelung setzen. Mittlerweile sind ihre Berts mit ihrem auffalend runden Holzkorpus dort zum Gästemagnet geworden. Ein Lokalaugenschein.

Rudi Obauer Jr. hat mit Architekt Chris Precht ein Baumhaus mit schrulligem Namen entwickelt, das Gästen auf kleinstem Raum maximalen Naturgenuss ermöglicht. Frisch erzählt er, warum die Beiden damit nicht unbedingt Geld verdienen möchten.

"Wir leben im Tourismus von der Einzigartigkeit der Natur. Das sollte sich auch in der Architektur widerspiegeln."(Rudi Obauer Jr., Mitgründer Baumbau, Salzburg)

„BERT soll zum Nachdenken anregen.“

Rudi Obauer Jr. hat mit Architekt Chris Precht ein Baumhaus mit schrulligem Namen entwickelt, das Gästen auf kleinstem Raum maximalen Naturgenuss ermöglicht. FRISCH erzählt er, warum die beiden damit nicht unbedingt Geld verdienen möchten.

 

Wann haben Sie mit dem Projekt BERT begonnen, Herr Obauer?

Das war vor vier Jahren, als Chris Precht und ich aus dem Ausland nach Österreich zurückgekommen sind. Chris aus China und ich aus der Schweiz. Wir waren beide voll motiviert und haben uns immer wieder darüber unterhalten, wie Tourismus und die Architektur dafür anders funktionieren kann. Im Einklang mit der Natur sowie den Bedürfnissen der Einheimischen und mit innovativen Angeboten.

 

Worauf kommt es bei dieser Neuorientierung für Sie besonders an?

Ich glaube, es geht eher darum, wieder etwas kleiner zu denken, qualitativ hochwertige sowie nachhaltige Angebote zu machen und die Projekte mit echtem Leben zu füllen. Ich finde zum Beispiel vorbildlich, wie Christoph Engl die Marke Südtirol touristisch entwickelt hat. Die Menschen kommen ja an sich nicht zu uns, um in riesigen Bettenburgen zu übernachten. Wir leben in Österreich im Tourismus hauptsächlich von der Einzigartigkeit unserer Natur und von der besonderen Gastlichkeit. Das sollte sich auch wieder mehr in der Architektur spiegeln.

 

Wie versuchen Sie, dem mit BERT gerecht zu werden?

Wir wollten ein Zeichen gegen die immer größere Bodenversiegelung in Österreich setzen. BERT hat eine Grundfläche von nur 9 m2, aber eine Wohnfläche von 45 m2 und ist vom Grundmodul aus stetig erweiterbar. Außerdem wird alles aus heimischem Holz gebaut. Beides Aspekte, die uns sehr wichtig waren.

 

Sie sprechen vom BERT immer wie von einem Familienmitglied …

Wir wollten auch mehr schaffen als ein Gebäude. BERT hat Charakter und soll zum Nachdenken anregen. Bei seiner Konzeption sind wir vorgegangen wie Kinder, die ein Haus bauen sollen. Zu Beginn haben wir beispielsweise sehr viel mit Klorollen rumprobiert, weil BERT aussehen sollte wie ein Baum. Er besteht ja schließlich aus Holz und soll sich in eine Natur integrieren, die stark von Bergen und Wäldern geprägt ist. Also hat BERT einen Hauptstamm, in dem sich die Infrastruktur wie Bad und Haustechnik befindet, und Zweige, in denen die Räume untergebracht sind, die sich zur Natur hin öffnen.

"Man ist viel Näher an der Lebenswelt in den Bäumen. Die Akustik dort oben ist phänomenal."(Rudi Obauer Jr., Mitgründer Baumbau, Salzburg)

Wie fühlt es sich denn an, in diesem „Baumhaus“ zu wohnen?

Wir haben uns für den Entwurf immer vorgestellt, wie es ist, auf Höhe der Baumwipfel zu liegen und dem Vogelgezwitscher zuzuhören. Unsere Erwartungen haben sich in dieser Hinsicht mehr als erfüllt. Man ist viel näher an der Lebenswelt in den Bäumen, gewinnt neue Perspektiven und die Akustik ist so weit über dem Boden natürlich auch eine ganz andere.

 

Familie Reitbauer hat sich am Pogusch die ersten BERTS bauen lassen. Wie sind die Erfahrungen damit?

Den Gästen gefällt es ausnehmend gut. Ich schaue mir ab und zu online die Buchungslage an und die Baumhäuser sind immer restlos ausgebucht. Die Menschen möchten sich einfach aus ihrem Alltag hinauszoomen und eine neue Verbindung mit der Natur finden. Dafür ist BERT ideal.

 

Wäre BERT also auch eine Lösung für andere Hoteliers?

Kommt darauf an. Wir sehen BERT nicht als kommerzielles Projekt. Deshalb ist es uns umso wichtiger, dass wir die Anliegen der Menschen in der Region, der Politik, des Betreibers und der Natur gleichberechtigt unter einen Hut bekommen. Wir mussten schon Großprojekte absagen, weil es diesbezüglich zu einem Missverhältnis gekommen ist.

 

Spielen die Kosten eine weitere Rolle, warum es derzeit nur ein realisiertes Projekt gibt?

Für kommerzielle Großprojekte ist BERT jedenfalls nicht wirklich geeignet. Quadratmeterpreise zwischen 3.000 und 5.000 Euro, die für schlüsselfertige Hotelbauten sonst üblich sind, wird man mit BERT nicht realisieren können. Aktuell liegen wir wegen der Teuerung bei ca. 400.000 Euro pro errichtetem BERT.

 

Liegt es auch daran, dass der Holzbau technisch unheimlich schwierig ist?

Dank der vorgefertigten Teile geht die Errichtung vor Ort überraschend schnell. Aber die Herstellung der Einzelteile war eine enorme Herausforderung. BERT ist völlig rund. Holz so zu biegen, dass die Einzelteile sich auf der Baustelle passgenau ineinanderfügen lassen, hielten viele für unmöglich. Den Spezialisten von Holzbau Maier ist es schließlich nur durch den Einsatz eines Fräsroboters gelungen, wie er auch in der Autoindustrie verwendet wird. Dadurch sind die Toleranzen jetzt so gering, dass beim Zusammenbauen garantiert alles passt.

 

Daneben gab es anfangs auch rechtliche Probleme, oder?

Ja, wir haben wegen der geringen Grundfläche keine Klassifizierung als Gebäude bekommen. Das erschwerte die Baugenehmigung enorm, weil sich das Baurecht nicht anwenden ließ. Aber die Politik hat uns da dann unterstützt. Das zeigt, dass solche Projekte einen Umdenkprozess anstoßen und für die zukünftige Positionierung einer Region wichtig werden können. Denn sie tragen auch dazu bei, wieder mehr herauszuarbeiten, wie schön und nachhaltig Leben mit dem Tourismus und Arbeiten für den Tourismus sein kann. Ich glaube, das braucht es gerade jetzt besonders.

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