Trends

WEIN DOCH NICHT

Ist das Wein? Oder doch nicht? Auswahl und Qualität sogenannter „Proxies“ steigen genauso wie die Zahl der Gäste, die dem alkoholischen Vorbild keine Träne nachweinen. Frisch hat sich angesehen, warum innovative Wein-alternativen im Kommen sind.

Im Zeitalter von vegan, Low-Carb und Co. war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Getränkeindustrie wieder die Innovationsmaschine anwirft. Nach Kombucha und alkoholfreien Spirituosen zielen nun Wine Proxies auf die Herzen und Kehlen der Konsumenten. Proxies, noch nie gehört? Darunter versteht man alkoholfreie Getränke, die es sowohl in ihrer Präsentation als auch geschmacklich  mit edlen Weinen und ihren sprudelnden Kollegen aufnehmen können. Der Begriff stammt eigentlich aus der Datenverarbeitung und bezeichnet die Schnittstellen zwischen mehreren Rechnern in einem Netzwerk. Und genau so eine Schnittstelle sind auch die neuen Wine Proxies, eine bestens funktionierende Verbindung zwischen aufgeschlossenen Weintrinkern und alkoholfreiem Trinkgenuss.

// TÖST DORSET 
Zugegeben, der Name ist schwedisch, aber TÖST wird definitiv 
in Vermont, im Nordosten der USA hergestellt. 
Dreifach gefiltertes Wasser erhält einen Schuss Agave für den 
Geschmack und die Ausgewogenheit, dann werden weißer Tee, 
weiße Cranberrys und Ingwer hinzugefügt – fertig ist der trockene, 
prickelnde Proxy, mit dem auch die Stars in Hollywood gerne ihre 
Feste feiern.
// GNISTA MALMÖ 
Diesmal ist es wirklich schwedisch. Gnista heißt im Deutschen Funke 
und den entzündet Erika Ollén mit jeder Flasche ihrer beiden Proxy-
Kreationen „RED French Not Wine“ und „RED Italian Not Wine“. 
Sie orientiert sich damit an der Stilistik der beiden großen 
Weinnationen und schafft es, alkoholfreies Trinkvergnügen mit 
Tanninen, Körper und herausragendem Geschmack zu kreieren. 
Botten upp!

 

 

Neue Kategorie

Versuche, alkoholfreie Weine zu etablieren, gibt es ja schon länger. Aber unterm Strich steht die Erkenntnis, dass bei der bisher üblichen Produktionsweise, nämlich fertigem Wein den Alkohol wieder zu entziehen, auch viel vom Körper und Geschmack des Weins verlorengeht. Wine Proxies nehmen da einen komplett anderen Weg. Hier werden Auszüge aus Kräutern mit Gewürzen, Tees und verschiedenen Säften gemischt sowie oft mit komplexen Fermenten veredelt. Jeder Produzent hat seine eigene Herangehensweise, seine individuellen Mischungen und seine ganz persönliche Note. Die Geschmackspalette reicht von fruchtig-süß über spritzig bis zu leicht säuerlich. „Bei Wine Proxies geht es nicht darum, den Lieblingswein zu ersetzen oder zu imitieren, sondern ein Getränk anzubieten, das eine mindestens ebenbürtige Aromenwelt versprüht, nur eben ohne Promille“, erklärt Jennifer Kießling, die seit einem Jahr in Berlin mit The Mindful Drinking Club einen kuratierten Laden für bewusste Trinkkultur führt. „Wine Proxies sind eine eigene Kategorie im alkoholfreien Sortiment und das Angebot wächst ebenso rasant wie die Nachfrage.“

Das berühmte Noma in Kopenhagen war eines der ersten Restaurants, das mit einer alkoholfreien Menübegleitung aus speziellen Tees und Säften aufhorchen ließ. Für Fine-Dining-Enthusiasten damals eine ganz neue kulinarische Erfahrung, so auch für Scott Friedmann. Der Kanadier, der gemeinsam mit Allan Mai und Cole Pearsall das auf die Entwicklung innovativer Lebensmittel spezialisierte Unternehmen Acid League gegründet hat, begann mit seinen Partnern sofort, an neuen alkoholfreien Getränkemischungen für die gehobene Menübegleitung zu arbeiten. „Wir wollten keinen Weinersatz kreieren, sondern eine eigenständige Alternative, die auch erklärte Weinliebhaber geschmacklich und aromatisch überzeugen kann“, sagt Allan Mai. Und Cole Pearsall ergänzt: „Wein enthält Tannine, ein enorm wichtiger Bestandteil für die Kombination mit Speisen. Also haben wir bei der Entwicklung unter anderem Tees verwendet, weil sie auch Tannine beinhalten. Und je intensiver wir uns mit diesem Thema beschäftigten, umso bewusster wurde uns, welch enorm große geschmackliche Bandbreite unsere Proxies abdecken können. Denn sie sind eine komplexe Mischung aus verschiedensten Säften, Tees und Aufgüssen, die uns die Möglichkeit bietet, weitere Zutaten beizumischen und damit ganz neue Geschmackserlebnisse zu schaffen.“

Mittlerweile hat das Unternehmer-Trio in Kanada mit Proxies eine eigene Marke gelauncht, beschäftigt ein ganzes Team, um Monat für Monat drei neue saisonale Geschmacksrichtungen für ihre Proxies zu entwickeln, und kooperiert zu Marketingzwecken mit zahlreichen lokalen und nationalen Stars der Gastronomiebranche. Ja, hier geht es definitiv um Big Business. Um ihre Proxies auch in der breiten gesellschaftlichen Mitte zu etablieren, werden Einsteigern und Erstkäufern auf der Webseite auch gleich die passenden Pairings vorgeschlagen. Ganz ähnlich wie beim Wein passt der weiße „Blanc Slate“ am besten zu salzigen Oliven, Meeresfrüchten, weichem Ziegenkäse oder gegrillten Zucchini, während beispielsweise der dunkle „Red Ember“ zu kräftigem Käse, Ribeye-Steak und herzhaften Eintöpfen empfohlen wird.

Kreativer Norden

Kanada und die USA sind in Sachen Wine Proxies Vorreiter, aber auch in Europa steigen immer mehr Produzenten in diesen noch jungen Markt ein, vor allem in Skandinavien. Muri aus Dänemark setzt ganz stark auf den Fermentationsprozess und Aromen, die aus den Wäldern rund um Kopenhagen kommen, erzählt Gründer Murray Paterson. Als erfahrener Destillateur weiß er um die Bedeutung des Mischens von Getränken, um im Endprodukt Geschmack, Struktur und Komplexität aufzubauen. Sein Bestseller „Muri Nuala“ ist ein perfekt ausbalancierter Proxy, vielschichtig am Gaumen, mit leichter Säure und Tanninen sowie einem Aromaspiel von roten Beeren und einem Hauch von Wald.

Ein Proxy von Ambijus aus Norwegen trägt den Namen „Clearly Confused“, aber Konfusion ist in dieser Flasche garantiert nicht zu finden. Denn die beiden Brüder Christian und Alexander Stray-Jansen wissen ganz genau, was sie tun. In einem eigens eingerichteten Labor experimentieren sie mit Fermentation, Infusionen, Cold Brewing, Destillation und vielem mehr, um neue Aromawelten zu eröffnen. Ihre Proxies sind einzigartige Kompositionen mit enormer Komplexität, die dennoch mit angenehmer Leichtigkeit und Trinkfreude zu überzeugen wissen.

Körper, Tannine, Geschmack und ein großartiges Trinkerlebnis sind Zuschreibungen, die definitiv auch auf die Proxies von Gnista aus Schweden zutreffen. „Ich beschäftige mich schon lange mit alkoholfreien Getränken“, erzählt Gründerin Erika Ollén, „und mir hat in den Weinen bisher immer der Körper und die Tiefe im Geschmack gefehlt.“ Also hat sie kurzerhand selbst die Initiative ergriffen und mit ihren beiden Kreationen „Red Italien Not Wine“ und „Red French Not Wine“ zwei Meisterstücke abgeliefert. „Ich wollte in diesen beiden Wine Proxies die Besonderheiten der großen europäischen Weinnationen herausarbeiten“, sagt die sympathische Schwedin über ihre Mischung aus diversen Säften, Fermenten und Gewürzextrakten. Im „Red French Not Wine“ liegt der Fokus stärker auf den roten Beeren, während im Aroma des „Red Italian Not Wine“ mehr Tannine zum Vorschein kommen. „Wir spüren beinahe täglich, wie die Nachfrage nach unseren Wine Proxies steigt, vor allem in Amerika. In L.A. ist es mittlerweile ganz selbstverständlich, zum Essen keinen Alkohol mehr zu trinken. Aber auch in Europa setzen immer mehr Fine-Dining-Restaurants auf alkoholfreie Menübegleitung.“

//GERÜCHTEKÜCHE Graz
Wine Proxies sind für Haubenkoch Michael Wankerl aus Graz essenziell, 
wenn es darum geht, seine vegetarischen Gerichte mit einer 
– wie er sagt – rauschfreien Begleitung zu krönen.
//Ambijus Oslo

Norwegen ist weltbekannt für erfolgreiche Skifahrer und Langläufer, 
und jetzt eben auch für großartige Proxies. 
Ein extrem experimentierfreudiges Brüderpaar mischt hier vergorenen 
Apfelsaft mit Tannennadeln, Holunderblüten, Wacholderbeeren und 
Eichenholz – heraus kommt „Clearly Confused“. 
Die perfekte Menübegleitung, um auch nach drei Gläsern keine 
hochprozentige Konfusion zu verspüren.

Sprudelnde Ideen

Wine Proxies können nicht nur den Wein im Glas ersetzen, sondern auch den Schaumwein. Das beweist Ludwig Lampaert aus dem belgischen Hoeilaart, seinen alkoholfreien „Feliz“ sieht er als eine Art Benchmark für sprudelnde Proxies. „Der Feliz ist eine trinkfertige Mischung mit der Faszination von Champagner, aber ohne Alkohol, ohne Trauben und fast ohne Zucker“, so der Unternehmer, der sich zunächst auf die Produktion von edlem Gin und Rum spezialisiert hat, mittlerweile aber auch alkoholfreie Destillate anbietet und eben zuletzt den „Feliz“ kreierte. „Für die Produktion verwenden wir hochwertige Säuren, unter anderem aus natürlichen Fermentationen, und gesunde Zutaten. Der „Feliz Rosé“ versprüht das Aroma von Blumen und Himbeeren, im „Feliz Herbal“ werden Sie Kräuter und Apfel entdecken. Kenner beschreiben unseren „Feliz“ als erfrischend, komplex und überraschend, mit einer ausgewogenen Schlussnote“, erklärt Ludwig Lampaert nicht ohne Stolz und empfiehlt, ihn unbedingt in edlen Champagnerflöten zu servieren, um das Aromenspiel perfekt zur Geltung zu bringen.

Im südhessischen Bensheim, auf halbem Weg von Darmstadt nach Mannheim, beweist das vierköpfige von Wiesen-Team, dass auch deutsche alkoholfreie Schaumweine keinen Vergleich zu scheuen brauchen. „Spezialisiert sind wir ja auf Obstschaumweine, hergestellt aus den Früchten von den alten Streuobstwiesen unserer Region“, sagt von Wiesen-Betriebsleiter Niko Brandner, „aber als meine Frau schwanger wurde, war natürlich die Motivation hoch, auch eine alkoholfreie Version zu produzieren.“ Geworden sind es dann zwei Proxy-Varianten. Entsprechend der Low-Intervention-Philosophie des Betriebs werden die beiden nicht entalkoholisiert, sondern von Beginn an ohne alkoholische Gärung verarbeitet. „Für eine Variante verwenden wir Quittensaft und Eisenkraut-Tee mit Hopfen als natürlichen Oxidationsschutz sowie ein Laktoferment von Knollensellerie“, erklärt Niko Brandner, „und in der anderen Variante stecken die Aromen von Kaltauszügen von Brombeerblättern und Karamellmalz, versetzt mit dem Sud von Rauchsalzzitronen und Säften.“ Zu den Kunden zählen weinaffine Menschen, die es gerne naturbelassen mögen und hin und wieder mal Naturweine trinken.

Auch in der Manufaktur Jörg Geiger, südöstlich von Stuttgart wird tanninreiches Wiesenobst für die Produktion alkoholischer und alkoholfreier Getränke hoch geschätzt. „Seit dem Jahr 2003 kreieren wir aus alten Obstsorten und unter dem Einsatz von über 200 Gewürzen, 70 Kräutern, 20 Blüten und vielen selbstgewonnenen Hydrolaten einzigartige Getränke, die reich an Komplexität, Tiefe und Geschmacksvielfalt sind“, sagt Leonie Haselmaier, Marketing-Managerin der Manufaktur Jörg Geiger. „Die alkoholfreie Palette reicht von sprudelnden PriSeccos über vielschichtige, stille Essensbegleiter bis hin zu komplexen Cuvées. Erst im März haben wir unsere neue Produktlinie GRAD°WANDERUNG gelauncht, ein stiller trockener Proxy in vier Geschmacksrichtungen.“ Anders als die meisten Proxy-Produzenten setzt die Manufaktur Jörg Geiger zuerst auf die Entalkoholisierung der Weine, bevor diese mit Säften, Kräutern, Blüten und Gewürzen veredelt werden. „Wir haben diese Produktionsart weiter gedacht“, erklärt Leonie Haselmaier, „unsere betriebseigene Anlage arbeitet mit extrem schonender und ausgeklügelter Technik, um möglichst viel Duftigkeit und Komplexität zu erhalten. Trotzdem, der entalkoholisierte Wein ist nur die Basis, die anschließend von unseren Experten unter dem Einsatz natürlicher Aromen zu einzigartigen, zuckerreduzierten Essensbegleitern veredelt werden.“ Eine Verkostung der Wine Proxies empfiehlt Leonie Haselmaier übrigens immer mit korrespondierenden Speisen, denn nur im Zusammenspiel kann sich das ganze Geschmackserlebnis entfalten.

WIR WOLLEN KEINEN WEINERSATZ, SONDERN EINE EIGENSTÄNDIGE ALTERNATIVE.“ (ALLAN MAI, THE ACID LEAGUE, ONTARIO, KANADA)

Großes Echo

Mit dieser Empfehlung ist auch schon die Brücke geschlagen zur gastronomischen Sicht der Dinge. Wie kommen die Wine Proxies bei den Gästen an? Und was sagen Restaurantbetreiber? Das weit über die Berliner Stadtgrenzen für seine vegetarische Küche bekannte und seit 2018 ununterbrochen mit einem Michelin-Stern ausgezeichnete Cookies Cream setzt schon lange auf spezielle alkohol-
freie Pairings zur Menüfolge, darunter auch Proxies von Gnista, Ambijus und von Wiesen. „Wir sind stolz darauf, unseren Gästen diese hochwertigen Getränke anbieten zu können“, sagt Marina Cid, Marketingleiterin bei Cookies Cream. „Zudem experimentieren wir selbst sehr viel in diesem Bereich, haben eigene 0,0 %-Aperitifs und Getränke entwickelt und eine Kooperation mit dem lokalen Kombucha-Produzenten Bouche.“ Interessantes ökonomisches Detail: Die alkoholfreie Getränkebegleitung ist preislich ident mit der alkoholischen Variante.

Berlin ist generell ein gutes Pflaster für rauschfreies Fine Dining. Auch im neuen Happa von Sophia Hoffmann und Nina Petersen in Kreuzberg wird immer freitagabends in fünf Gängen fein gespeist, übrigens zu 100 % vegan und bio. „Wir setzen uns ganz bewusst für eine neue Trinkkultur ein und legen daher den Fokus auf die alkoholfreie Getränkebegleitung. Von unseren Gästen bekommen wir dafür überwältigendes Feedback. Diese Variante wird bereits öfter gebucht als die alkoholische“, bestätigt Nina Petersen. Das freitägliche Fine-Dining-Menü wird alle zwei Monate neu zusammengestellt, für das perfekte Pairing, natürlich ebenfalls vegan und bio, berät sie Jennifer Kießling vom The Mindful Drinking Club. „Preislich liegen wir mit unserer alkoholfreien Getränkebegleitung ein wenig unter der alkoholischen Alternative, das hat aber vor allem psychologische Gründe“, sagt Nina Petersen, „denn noch sind die Gäste eher bereit, für Wein mehr zu bezahlen als für nichtalkoholische Drinks.“

Ein paar Euro günstiger fällt auch die alkoholfreie Getränkebegleitung im Restaurant Jola in der Wiener Innenstadt aus. „Aber das hat damit zu tun, dass ich vieles davon selbst produziere, wie Tees, Infusionen oder Cocktails“, sagt Inhaberin Larissa Andres, „Die Wine Proxies kosten annähernd so viel wie eine gute Flasche Wein.“ Gemeinsam mit Partner Jonathan Wittenbrink hat sie erst im März letzten Jahres ihr veganes Fine-Dining-Reich eröffnet. „Wir legen großen Wert auf die alkoholfreie Menübegleitung und die wird von unseren Gästen auch mindestens so oft gewählt wie die alkoholische. Bei den Proxies sind besonders die Varianten von Muri und Ambijus beliebt, als Aperitif genauso wie zu einem Hauptgang. Aber auch Heimisches wie die tiefrote Kräutertraube bieten wir gerne an, ein Traubensaft mit Verjus und 20 gepressten Kräutern von Erich und Michael Andert aus dem burgenländischen Seewinkel.“

Heimisches wird auch in Michael Wankerls vegetarischer Gerüchteküche in Graz serviert. „Südfrüchte? Geht gar nicht“, sagt er. Ob der Getränkeauswahl lässt er aber Milde walten und füllt die Gläser zum 6-gängigen Überraschungsmenü mit Wine Proxies aus Skandinavien und Deutschland. „Früher habe ich Kombucha und andere Drinks selbst gemacht, aber mit den Proxies steht hier eine wunderbare und wirtschaftlich attraktive Alternative bereit, die sich geschmacklich am selben Niveau bewegt wie guter Wein.“

Auch wenn jetzt der Eindruck entstehen mag, Wine Proxies wären nur für vegetarisches und veganes Fine Dining geeignet, nein, das ist definitiv nicht der Fall. Nur ist diese Gruppe der Genießer vielleicht ein wenig offener alternativen Ernährungsgewohnheiten gegenüber. Aber das Beispiel Acid League in Kanada zeigt ganz klar: Wine Proxies sind im Kommen und werden alle überzeugen, die bereit sind, sich vom Genuss eines alkoholfreien Getränks begeistern zu lassen.

//(No) ghost in A Bottle Hoeilaart

Die Initialzündung zur Geburt seines Proxys war die Schwangerschaft 
seiner Schwiegertochter. Ihr wollte Ludwig Lampaert, 
leidenschaftlicher Produzent hoch- und nullprozentiger Destillate, 
neue alkoholfreie Trinkfreude schenken und entwickelte den „Feliz“, 
einen sprudelnden Proxy mit der Faszination von Champagner.
//Manufaktur Jörg Geiger Schlat

Mit der neuen Linie GRAD°WANDERUNG der schwäbischen Manufaktur geht 
es steil bergauf. Der stille trockene Proxy wird in vier 
unterschiedlichen Varianten angeboten, die Namen stehen dabei für die 
jeweilige Temperatur, auf die der Ursprungswein bei der behutsamen 
Vakuumdestillation erhitzt und somit entalkoholisiert wird. 
Je nach Geschmacksrichtung wird er in der Folge mit einer Vielzahl 
an Gewürzen, Kräutern, Blüten und Hydrolaten zum Proxy veredelt.

Interview

„Fragen Sie nicht nach dem Lieblingswein.“

The Mindful Drinking Club ist Berlins erste Adresse für Gastronomen und Genießer, die nach alkoholfreier Trinkfreude jenseits der bekannten Limo-Fraktion suchen. Inhaberin Jennifer Kießling über den Charme von Proxies, das wachsende Angebot und überraschte Gesichter.

Warum haben Sie sich auf alkoholfreien Trinkgenuss spezialisiert?

Ich war seit meiner Jugend immer nebenbei in der Gastronomie tätig und das Thema hat mich schon lange interessiert. Alkohol ist ja ganz tief in unserem Leben und unseren Traditionen verwurzelt. Aber der Alkoholkonsum ist rückläufig. Es werden immer mehr Menschen, die zum Essen bewusst keinen Alkohol trinken, aber deswegen nicht auf Trinkgenuss verzichten möchten. Und ich wollte immer schon Getränke anbieten können, die mehr können als die klassischen Limonaden und Mineralwässer.

Was macht Wine Proxies so attraktiv?

Hier ist neben der sehr hohen Qualität dieser Produkte auch ganz viel Psychologie im Spiel. Das Getränk ist ja mehr als der reine Geschmack, hier passiert ganz viel in der Präsentation, wie beim Wein. Wir müssen das im gesamten Kontext sehen, also die Location, die schöne Flasche und den außergewöhnlichen Geschmack. Da geht es ganz stark um Erwartungen und Emotionen. Und die Wine Proxies schaffen es mit ihrer Qualität, in dieser Situation zu überzeugen.

Wie findet man für seine Gäste die geeigneten Wine Proxies?

Fragen Sie Ihre Gäste nicht nach ihrem Lieblingswein. Denn das baut eine Erwartungshaltung auf, die kein alkoholfreies Getränk jemals erfüllen kann. Der Punkt ist, dass wir kein bestehendes Produkt ersetzen möchten, sondern eine neue Alternative vorstellen. In unserem Laden versuchen wir von unseren Kunden herauszufinden, zu welchen Situationen sie gerne ein Glas trinken möchten, z.B. als Aperitivo, zum Essen oder im Winter vorm Kamin. Und wir wollen wissen, ob es Abneigungen gegen bestimmte Geschmäcker gibt. Das reicht erst mal, um eine grobe Richtung herauszufiltern, und dann muss man einfach probieren. Es braucht dazu natürlich ein gewisses Maß an Aufgeschlossenheit, aber wenn sich unsere Kunden erstmal darauf einlassen, blicken wir oft in angenehm überraschte Gesichter.

Thema Pairing – haben Sie konkrete Empfehlungen?

Zuallererst muss man Wine Proxies als eigene Kategorie begreifen. Es geht nicht darum, den Sauvignon Blanc zu ersetzen, der zum Fischgericht gereicht wird, sondern in seinen Überlegungen vom Geschmack der Speise auszugehen. Und da gelten dieselben sensorischen und olfaktorischen Grundregeln wie bei der Weinbegleitung. Man beginnt mit eher gemächlichen Proxies und steigert sukzessive die Geschmacksintensitäten, passend zu den Speisen.

Sind Wine Proxies nur fürs Fine Dining interessant?

Überhaupt nicht. Wir sehen das in unserem Laden, wo junge Studentinnen genauso Proxies kaufen wie die High-end-Zielgruppe. Das Thema wird in der Gesellschaft immer breiter und auch das Angebot wächst kontinuierlich. In Europa sind hier vor allem die Skandinavier sehr innovativ, aber auch in Deutschland findet man schon einige ganz ausgezeichnete Produzenten. Es ist mittlerweile ja ganz selbstverständlich, alkoholfreie Getränke zu konsumieren, und wenn man das mit einem außergewöhnlichen Getränk und noch dazu in einer coolen Flasche machen kann, dann ist das ganz wunderbar. 

 

Jennifer Kießling

Jennifer Kießling ist Unternehmerin und unterrichtet als Referentin im Seminar „Wasser Sommelier/Sommelière“ bei der Gastro Suisse. 2018 startete sie mit „Pairing is caring“, um Interessierten in Vorträgen, Workshops und individuellen Beratungen die Vielfalt und Vorteile des alkoholfreien Getränkeangebots näherzubringen. Seit 2021 betreibt sie mit Max Lielje in Berlin den auf alkoholfreie Getränke spezialisierten Mindful Drinking Club.

 

//Cookies Cream Berlin
Seit 2018 jährlich mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet und 
mindestens ebenso lange schon Vorreiter im alkoholfreien Pairing 
zum vegetarischen Fine Dining.
//Proxies Kanada

Klotzen statt kleckern, lautet die Devise von Acid League 
in Kanada. 
Die findige Unternehmergruppe treibt das Proxy-Business in 
Kanada und den USA kräftig voran und hat sich auch gleich 
die Produktgattung als Markennamen gesichert. 
Dazu entwickeln sie monatlich drei neue saisonale Geschmacks-
richtungen und kooperieren laufend mit renommierten 
Spitzenköchen und bekannten Gastronomen am amerikanischen 
Kontinent.
//Muri Kopenhagen

Kopenhagen gilt in der Branche als Fermentations-Hotspot und mit 
Ioakeim Goulidis hat sich Gründer Murray Paterson auch gleich 
einen ausgewiesenen Experten aus dem Noma Fermentation Laboratory 
an Bord geholt. 
Gemeinsam bringen sie mit unterschiedlichsten Fermentationsmethoden 
und viel Know-how herausragende Proxies in die Flaschen 
und verwenden dafür Aromen von jungen Pinienzapfen bis zu duftenden 
Rosenblättern.
Schließen

Klicken Sie Enter um zu starten oder ESC um zu beenden.