Thema

Sprudel Sauerei

Champagner zu Würstl, Maultaschen und Gulasch – Geht das? Ganz hervorragend sogar. Was im hippen London 2012 als etwas skurrile Idee in einer Bar seinen Ursprung nahm, begeistert heute Gäste auch hierzulande. Denn der Edel-Sprudel legt zusehends sein elitäres Image ab. FRISCH hat sich umgehört, welche Kombinationen mit Klassikern der Hausmannskost besonders gut funktionieren.

Sandia Chang ist einer jener Menschen, denen die altehrwürdigen Champagnerhäuser zu verdanken haben, dass sich das Image ihres Getränks in den letzten Jahren gewandelt hat. Die ursprünglich aus Kalifornien stammende Sommelière arbeitete in Toprestaurants wie dem Noma in Kopenhagen oder dem Per Se in New York, bevor sie 2012 mit ihrem Mann, dem Koch James Knappett, die Champagnerbar Bubbledogs eröffnete: „Ich habe mich im Per Se in Champagner verliebt und wollte in London eine Bar eröffnen, aber die zündende Idee, was ich dazu anbieten möchte, hatte ich nicht gleich“, erzählt sie: „Dann habe ich mich erinnert, dass wir in New York mit meinen Freunden immer in billige Chinarestaurants essen gegangen sind, weil wir zwar kein Geld hatten, aber über das Per Se Zugang zu gutem Wein. Dort konnten wir für ein kleines Stoppelgeld unsere Flaschen einfach mitbringen. Damals habe ich realisiert, dass es bei der Kombination von Essen und Wein nicht darum geht, wie teuer beides ist. Es geht nur darum, dass es gut schmeckt und man ungezwungen gemeinsam Spaß hat.“

Pommes statt Kaviar

Im Bubbledogs servierte Chang deshalb viele Jahre Hotdogs zu Winzer-Champagner. „Geschmacklich harmonieren Wurst, Käse und Champagner bestens. Ich persönlich mag auch Pommes, weil sie so salzig und fettig sind, das Geschmacksprofil ist Kaviar nicht unähnlich, der ja sonst gerne zum Champagner serviert wird.“ Natürlich hatten die Hot Dogs, die Chang und Knappett für ihre Bar entwickelten, nichts mit der Billigware aus dem Supermarkt zu tun. Sie werden nach eigenem Rezept von einem Fleischer in der Grafschaft Kent hergestellt und auch die Buns sind handgerollt und wurden jeden Tag frisch geliefert. Der größte Unterschied ist aber das Topping. Etwa beim „José Hot Dog“, bei dem das Würstel auf einem limonigen Avocado-Püree ruht und mit einer Salsa aus Tomaten, roten Zwiebeln, Chili, Koriander und Limettensaft überhäuft wird. Darauf gibt es dann noch etwas Sauerrahm und zwei, drei Scheiben Jalapeños. Scharfe Sache!

Absoluter Gästeliebling war aber der „Mac Daddy“. Dafür packte Changs Team, wie der Name schon andeutet, den in England und den USA so beliebten Wohlfühlklassiker Macaroni & Cheese aufs Würstel. Die frische Säure des Champagners stellte sich dabei als der ideale Gegenpart dieser wuchtigen Proteinbombe heraus.

Mit dem Thema Würstel kennt man sich auch in Wien schon seit der Monarchie bestens aus. So überrascht es nicht, dass das Potenzial von Changs Konzept in der österreichischen Hauptstadt schnell erkannt war. Bei Bitzinger´s Würstlstand vor der Oper gibt es deshalb zu Traditionellem wie Käsekrainer, Burenwurst, Bosna oder Waldviertler auch eine erstaunliche Champagnerauswahl. Er schmecke ihm persönlich und passe vor allem hervorragend zur Käsekrainer, meint Josef Bitzinger auf seine Beweggründe dafür angesprochen.

Schmelztiegelküche

Durch solche ungewöhnlichen Kombinationen ließ sich auch das Team des Grand Ferdinand am Schubertring in der Wiener Innenstadt zu neuen Ideen anregen. Im Gulasch & Söhne werden in dem Hotel bis spät in die Nacht Gulasch, Sacherwürstel und Co. serviert. Dass es dazu nicht nur tschechisches Bier gibt, hat mehrere Gründe, erklärt Küchenchef Jürgen Gschwendtner: „Wien war kulinarisch gesehen immer ein Schmelztiegel. Schon Maria Theresia hat Champagner ins höfische Leben eingeführt. Aber genauso brachten die Ungarn ihre Gulaschrezepte mit in die Residenzstadt. Wir wollen uns in unserem Restaurant all diese unterschiedlichen Einflüsse zu eigen machen und Wiener Küche ohne Scheuklappen und bemühte Rückblenden anbieten.“ Das gelingt auch durch rigorosen Qualitätsanspruch. Gschwendtners 50 Mitarbeiter kochen Tag und Nacht alles frisch und verzichten auf Convenience. Sogar die Sacherwürstel werden von einer eigenen Metzgerei in Wiener Neustadt nach dem Originalrezept von Johann G. Lahner aus dem Jahr 1805 hergestellt. Dieser Fokus auf beste Qualität ist ein Grund, warum Gästen im Grand Ferdinand vor allem zum Gulasch ein Glas perlende Lebenslust empfohlen wird. Ihn als Koch würden solche Pairings auch mehr reizen, meint Gschwendtner: „Wissen Sie, ich habe sieben Jahre Formel-1-Catering hinter mir und da gab es zum Champagner immer nur Hummer. Da braucht’s auch einmal einen neuen Kick.“

Warum ausgerechnet Gulasch so gut zu Champagner passt, erklärt Grand Ferdinand-Restaurantleiter und Champagnerspezialist Florian Grafe. „Gulasch ist ein sehr würziges Gericht, das viele unterschiedliche, deftige Aromen mitbringt, beispielsweise eine intensive Paprika-Note.

Gleichzeitig verlieren diese Aromen durch das lange Kochen etwas an Präsenz. Die Champagnerperlen bewirken, dass sich Gaumen und Zunge öffnen und durch die Kohlensäure- und Luftbläschen diese Noten wieder präsenter werden. Außerdem bringt unser Brut Cuvée brotige Brioche-Noten mit, die zur Gulasch-Geschmackswelt genauso perfekt passen wie die Handsemmel, die traditionell dazu serviert wird.“

Faktor Dosage

Mit Brut benutzt Grafe hier einen Fachbegriff für den Zuckergehalt des Champagners. Er wird durch Zugabe der Dosage nach dem Entfernen der Hefe am Ende der Flaschenreifung bestimmt. Die Dosage ist eine Mischung aus Zucker sowie Réserve-Weinen älterer Jahrgänge. Die Champagner werden durch sie entweder knochentrocken (Brut Nature; 0–3 g/l Restzucker), extrem trocken (Extra Brut 0–6 g/l Restzucker), trocken (Brut 0–12 g/l Restzucker) oder halbtrocken (Demi-Sec; 17–32g/l Restzucker).

Champagner ist also ein eher trockenes Getränk. Aber es gibt auch Einsatzmöglichkeiten für halbtrockene Varianten, meint Grafe. „Ein Demi-Sec ist mit seiner Restsüße beispielsweise ein perfekter Begleiter zu einer guten, würzigen Käseplatte “, meint er. Zu Fleisch bevorzugt er aber fast immer Brut oder Extra Brut. „Vor allem Schnitzel braucht wegen der Panade und dem Ausbacken in Butterschmalz einen sehr trockenen, feinen Champagner. Ich würde deshalb dafür einen Blanc de Blanc empfehlen“, rät er.

Der Blanc de Blanc wird nur aus Chardonnay-Trauben gekeltert. Er hat den Ruf, besonders fein und finessenreich zu sein, und passt durch seine Mineralität auch perfekt zu gebackenem Fisch oder Salaten. Häufiger werden Champagner jedoch als Cuvées aus den drei typischen Champagnertrauben Pinot Noir, Meunier und Chardonnay gekeltert. Der Anteil der jeweiligen Traubensorte entscheidet dabei über die Stilistik des Perlweins. Pinot Noir sorgt für Fülle, Meunier für Fruchtigkeit und Chardonnay für Finesse.

Maultaschen Supreme

Zu einem Gericht wie den Maultaschen im Gasthaus zur Linde würde Maximilian Trautwein beispielsweise einen Réserve Exclusive Brut empfehlen. Er und sein Bruder Ferdinand betreiben das Lokal in Stuttgart seit 2015 und sind seit einiger Zeit Markenbotschafter für Nicolas Feuillatte Champagner. Der Réserve Exklusive Brut bestehe aus 40 % Pinot Noir, 40 % Meunier und 20 % Chardonnay und bringe genug Fülle und Tiefgang für sein Gericht mit, so Trautwein: „Maultaschen sind recht deftig, vor allem durch die in Butter geschwenkten Röstzwiebeln. Da braucht man einen Champagner mit Struktur und geschmacklicher Vielfalt. Durch den höheren Anteil von Pinot Noir und Meunier und drei bis vier Jahre Reifeprozess in der Flasche habe dieser Champagner eine feine Perlage, sei nicht zu sprudelig und komplex genug, um mit dem kräftigen Geschmack der Maultaschen mitzuhalten“, erläutert er.

Bei Hausmannskost greife er generell eher zu Champagnern, die im offenen Ausschank auch preislich für den Gast noch bezahlbar bleiben. Doch bei einem Gericht wie den mit dem schwäbischen Rotwein Trollinger verfeinerten Kalbskutteln mit geschmortem Ochsenschwanz und Bratkartoffeln empfiehlt er seinen Gästen auch gerne Spezielleres wie den Palmes D´Or 2008 Rosé Intense, ebenfalls aus dem Hause Nicolas Feuillatte. Dort möchte man generell dazu beitragen, Champagner etwas zugänglicher zu machen, meint Kellermeister Guillaume Roffiaen, bevor er beginnt, von seinem besonderen Jahrgangschampagner aus dem kühlen Jahr 2008 zu schwärmen. Er sei zu 100 % aus Pinot-Noir-Trauben und werde mit dem Saignée-Verfahren hergestellt, bei dem der Most 72 Stunden in Kontakt mit den Traubenschalen bleibt. Daher komme auch die besonders tiefe Roséfarbe und sein intensives Aroma mit feiner Erdbeernote, Kirschwasser, einem Hauch Pfeffer am Gaumen und einem langen, rassig-eleganten Abgang. „Die Pinot-Noir-Trauben verleihen diesem Champagner den Körper und die Kraft, die Kalbskutteln geschmacklich perfekt zu ergänzen.“ Und wie findet er es, wenn ein solch edler Champagner ein Innereien-Gericht begleitet? „Wissen Sie, wir wollen zeigen, dass Champagner zwar ein außergewöhnliches Produkt ist, aber nicht außergewöhnlichen Anlässen vorbehalten sein sollte. Warum sollte man ihn also nicht auch zu Hausmannskost genießen? Ich mache das auch regelmäßig.“ 

Paarlauf

Mit diesen Drei Champagnern von Nicolas Feuillatte gelingen die ersten Selbstversuche bei der Kombination von Hausmannskost und Edlen Perlen garantiert. Sie sind jetzt exklusiv über R&S gourmets erhältlich.

 

BRUT

Der Réserve Exclusive Brut ist der Stilbotschafter des Hauses. Er beeindruckt mit seiner enormen Vielfalt und Fülle. Dabei verdankt er Seine Außergewöhnliche Komplexität der Zugabe von fünf Reserveweinen verschiedener Jahrgänge jeder der drei Rebsorten.

Geschmacksprofil

Dieser Champagner zaubert Erinnerungen an saftige Birnen und frische Aprikosen sowie eine feine Perlage auf die Zunge.

Speiseempfehlung

Durch seine unkomplizierte Säure passt dieser ausgewogen frische Chamapagner perfekt zu allem Gebackenen und gehaltvollen Speisen wie Backhendl, Cordon Bleu, faschierten Laibchen oder geräuchertem Fisch.

 

BLANC DE BLANCS

Die Trauben für diesen Vintage-Champagner stammen aus drei renommierten Chardonnay-Anbaugebieten. Das verleiht ihm seinen Tiefgang und seine Finesse.

Geschmacksprofil

Zarte Aromen von weißen Blüten, Minze und Honig sowie Zitrusfrüchten wie frischen Aprikosen oder Yuzu.

Speiseempfehlung

Der Blanc de Blancs ist aus dem perfekten Champagnerjahr 2012. Dadurch hat er komplexe Reifenoten entwickeln können. Seine feine Säurestruktur passt zu einer deftigen Brettljause genauso wie zu gebackenem Karpfen, Beef Tartar oder gekochtem Tafelspitz.

 

ROSÉ

Der Réserve Exclusive Rosé ist vollmundig und Punktet mit verführerischer Frucht. Er lässt

sich das ganze Jahr über genießen – nicht nur zu Desserts, sondern auch zu Currywurst.

Geschmacksprofil

Der Geschmack dieses Champagners erinnert an frische Sommerbeeren wie Johannis-, Heidel- oder Erdbeere.

Speiseempfehlung

Durch die Erdbeernoten passt Rosé-Chamapagner gut zu Desserts oder Eis. Wegen der Süße von Curry und Ketchup rundet er aber auch den Geschmack von Currywurst oder Toast Hawaii fein ab.

Interview

INTERVIEW

„Man muss die Gäste abholen.“

Maximilian Trautwein betreibt mit seinem Bruder das Gasthaus zur Linde in Stuttgart. FRISCH erzählt er, warum er Stammgästen manchmal einfach so ein Glas Rosé-Champagner servieren lässt.

Das Gasthaus zur Linde ist in Stuttgart berühmt für seine Maultaschen. Sie kommen aber aus der Sterne-Gastronomie. Wie passt das zusammen?

Mein Bruder und ich wollten bewusst ein Gasthaus eröffnen, das zwar gehobenen Ansprüchen gerecht wird, aber nicht abgehoben ist. Wir glauben, die Menschen wollen wieder öfter vernünftig essen gehen und sich auf Produkte und Gerichte aus der Region besinnen. Mit einem Gaisburger Marsch oder Kalbskutteln mit Ochsenschwanz vermitteln wir auch ein Gefühl von Zuhause. Viele unserer Gäste essen beruflich häufig auf Sterne-Niveau. Die schätzen es, wenn sie mit ihren Familien zu uns kommen und sich einfach nur wohlfühlen können. 

Wie passt dann Champagner in dieses Konzept?

Mein Bruder und ich lieben Champagner, vielleicht auch deshalb dieser Fokus. Außerdem haben wir den Anspruch, die beste Maultasche Stuttgarts anzubieten. Zu beweisen, dass handwerklich perfekt gemachte, traditionelle Hausmannskost mit einem so edlen Getränk harmoniert, war natürlich ein Ansporn. Dass Champagner und Curry-Wurst eine geniale Paarung sind, hat sich ja schon herumgesprochen. Warum also nicht auch mit Maultaschen?

Wie haben die Gäste auf dieses Angebot reagiert?

Da war zu Beginn viel Kommunikationsarbeit vom Service gefragt. Wir haben zum Beispiel unsere Stammgäste anfangs auf ein Glas Nicolas Feuillatte-Rosé-Champagner zum Dessert eingeladen. Das passt bestens zu beerigen Nachspeisen oder Eis und überzeugt viele, Champagner auch zum Essen zu probieren.

Aber zu Maultaschen? Passt das wirklich?

Ja, Maultaschen sind schon ein recht deftiges Gericht, vor allem durch die in Butter geschwenkten Röstzwiebeln. Da braucht man einen Champagner mit Fülle, Struktur und geschmacklicher Vielfalt. Wir haben uns deshalb für den Nicolas Feuillatte Réserve Exclusive Brut entschieden. Durch seine Mischung aus 40 % Pinot-Noir-, 40 % Meunier- und 20 % Chardonnay-Trauben und drei bis vier Jahre Reifeprozess in der Flasche hat er eine feine Perlage, ist nicht zu sprudelig und komplex genug, um mit dem kräftigen Geschmack der Maultaschen mitzuhalten.

Champagner gehört leider nicht zu den kostengünstigen Getränken. Entsteht nicht allein dadurch ein gewisses Missverhältnis zu solchen Gerichten?

Ich finde nicht. Die Gäste mögen es in der Regel, wenn man ihnen neue Geschmackserlebnisse eröffnet. Aber natürlich muss ein Champagner im offenen Ausschank noch bezahlbar bleiben. Jahrgangs- oder Vintage-Champagner in unserem Umfeld anzubieten, hätte also voraussichtlich wenig Sinn. Für uns gilt die Regel, dass ein Glas nicht wesentlich teurer sein darf als das Gericht selbst.

Wie sehen Sie generell die Entwicklung bei Champagner in Deutschland?

Bis wir so weit wie in Frankreich sind, wird es natürlich noch sehr lange dauern. Aber wir bemerken, dass die Freude am Schaumwein auch hierzulande stetig wächst. Die Menschen sind diesbezüglich lockerer geworden. Jetzt gönnt man sich am Wochenende nach dem Einkaufen in der Stadt schon ab und zu ein kleines Gläschen Champagner.

Vielen Dank für das Gespräch! 

 

Maximilian Trautwein

Maximilian Trautwein hat lange in der Sterne-Gastronomie gearbeitet und dort Champagner schätzen gelernt. Heute betreibt er mit seinem Bruder Ferdinand das Gasthaus zur Linde in Stuttgart, ist Markenbotschafter für Nicolas Feuillatte und Mitglied des exklusiven Ordre des Coteaux de Champagne.

Allzweckwaffe

Hot Dogs passen Perfekt zu Champagner. Durch die Toppings Lassen sie sich außerdem An fast alle Stilistiken anpassen. Hier eine variante mit Guacamole, Salsa und Koriander.

Hier gehts zum Rezept

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